WIRTSCHAFT
VOLKSBLATT
13 SAMSTAG, 30. MAI 2009
Gegen den Trend
Neue klassische Privatbank Centrum Bank (Schweiz) sieht Markt in Westeuropa
ZÜRICH/VADUZ – Überzeugt, dass
ihre Strategie auch in schwie-
rigen Zeiten funktioniert, hat die
Centrum Bank eine Bank in Zü-
rich gegründet. Gegen den Trend.
Dazu Geschäftsführer Marc Zahn
und VR-Präsident Peter Marxer
sen.
• Kornelia Pfeiffer
«Volksblatt»: Herr Marxer, dass
eine Bank eine Tochtergesell-
schaft eröffnet, ist in der globalen
Finanzkrise eher selten. Ist diese
Expansion Teil Ihrer Zukunfts-
strategie?
Peter Marxer sen.: Die Grün-
dung der Bank in der Schweiz ist
kein Ad-hoc-Entscheid. Wir haben
uns mit der Idee und dem Konzept
einer Tochtergesellschaft in Zürich
schon seit zwei Jahren befasst. Der
Entscheid basiert auf einer inten-
siven Prüfung und einer langfristi-
gen Planung. In der gegenwärtigen
Finanzkrise sehen wir für uns ganz
eindeutig Chancen. Das Modell der
unabhängigen und fokussierten Pri-
vatbank hat sich als erfolgreich und
krisenresistent erwiesen. Der Fokus
des Anlegers liegt wieder stärker
auf Werterhaltung und Wertsiche-
rung. Die Centrum Bank verfolgt in
ihrem Anlageansatz und ihrer Phi-
losophie schon immer eine lang-
fristige, auf Nachhaltigkeit abzie-
lende Vermögensverwaltung. Dies
alles stimmt uns optimistisch, dass
wir uns auch in der Schweiz erfolg-
reich im Private Banking positio-
nieren können.
Was erwarten Sie von der neuen
Bank in Zürich: Neue Kunden
gewinnen oder näher an den
Kunden auf dem Finanzplatz Zü-
rich sein?
Der Schritt in die Schweiz ist zu-
gleich ein Schritt auf einen grossen
internationalen Bankenplatz, der uns
kulturell und geografisch sehr nahe
liegt. Die Präsenz in der Schweiz
wird es uns erlauben, mit qualitativ
hochstehenden Dienstleistungen
und dem vorhandenen Know-how
neue Kundensegmente zu erschlies-
sen und den Kundenkreis zu erwei-
tern. Wir sehen den Standort Zürich
ganz klar als komplementären und
nicht als konkurrenzierenden Stand-
ort zu Vaduz. Die Bank richtet sich
an vermögende Privatkunden aus
dem In- und Ausland, die Wert auf
hohe Qualität und persönlichen Ser-
vice legen.
Herr Zahn, Ihr Bankgebäude
sieht nicht aus wie eine herkömm-
liche Bank. Wie unterscheiden
sich Universalbank und Privat-
bank noch?
Marc Zahn: Als reine Privat-
bank konzentriert sich die Cen-
trum Bank (Schweiz) AG auf die
Kernkompetenzen Vermögensver-
waltung und Anlageberatung. Wir
legen grössten Wert darauf, un-
seren Kunden individuelle, profes-
sionelle und nachhaltige Lösungen
zu bieten und langjährige Kunden-
beziehungen aufzubauen. Die Ent-
wicklung neuer Anlagestrategien
in der Vermögensverwaltung und
die Einführung der Dienstleistung
«Finanzplanung», also die inte-
grale Beratung der Kunden in Ver-
mögens-, Vorsorge-, Steuer-,
Rechts- und Erbschaftsfragen so-
wie Finanzierungen, stehen im
Mittelpunkt.
Zürich ist ein internationaler Fi-
nanzplatz mit vielen Banken. Aus
welchen Regionen der Welt er-
warten Sie Kunden, denen Sie
sich als bessere Alternative an-
bieten?
Der primäre Fokus liegt auf west-
europäischen Kunden inklusive des
Heimmarktes Schweiz.
Ist die Bank in Zürich als eigen-
ständige Bank aufgebaut, die
alle Geschäfte selbst erledigt,
oder gibt es eine Zusammenar-
beit mit dem Mutterhaus in Va-
duz?
Die Centrum Bank (Schweiz) ist
eine juristisch eigenständige Bank
nach Schweizer Recht mit eigener
Geschäftsleitung und eigenem Ver-
waltungsrat. Dies bedeutet, dass ei-
ne vollständige Trennung der Kun-
dendaten und auch der Kundenbe-
treuung gewährleistet ist. Koopera-
tionen wird es zum Beispiel im Be-
reich Asset Management geben, so
zum Beispiel bei der Anlagepoli-
tik.
Das zweite Quartal 2009 hat be-
gonnen. Wie sieht die aktuelle Si-
tuation aus im Vergleich zum
Vorjahr?
Wir gehen davon aus, dass die
Aktienmärkte weiterhin volatil
bleiben werden. Nach dem extre-
men Pessimismus in den ersten
beiden Monaten des Jahres 2009
ergaben sich zuletzt einige Licht-
blicke. Die Börsen reagierten posi-
tiv auf die detaillierteren Pläne in
den USA zur Stützung des Finanz-
systems sowie der US-Notenbank
für Käufe von Treasury Bonds und
Hypothekardarlehen. Hinzu kam
die jüngste Initiative der Regie-
rung Obama zur Unterstützung der
Eigenheimbesitzer, die möglicher-
weise einen hohen Anteil an
Zwangsvollstreckungen verhin-
dern kann.
Wenn Sie an die zweite Jahres-
hälfte denken: Erholen sich die
Märkte oder bleibt die allgemei-
ne Lage unsicher?
Seit dem Tiefpunkt im März
2009 haben sich die globalen Ak-
tienmärkte merklich erholt. Trotz-
dem steckt die Wirtschaft immer
noch in einer Rezession. Die ame-
rikanische Wirtschaft schrumpft
nun schon seit 17 Monaten, damit
handelt es sich um die längste Re-
zession seit der Grossen Depressi-
on von 1929, welche 43 Monate
dauerte. Bestätigt sich die Regel,
wonach die Aktienmärkte den
Konjunkturverlauf gewöhnlich um
6 Monate vorwegnehmen, kehrt
die amerikanische Wirtschaft im
Laufe des vierten Quartals wieder
auf einen Wachstumspfad zurück.
Die Schweiz wurde mit einem
Zeitverzug von rund 8 Monaten
von der Rezession erfasst, Sie
dürfte sich deshalb auch entspre-
chend später wieder erholen.
Herr Marxer, sind Ihre Expansi-
onspläne ins Ausland mit der Er-
öffnung der Bank in Zürich er-
füllt oder haben Sie weitere Pläne
für Bankeröffnungen an anderen
Finanzzentren?
Peter Marxer sen.: Wir analy-
sieren permanent neue Geschäfts-
möglichkeiten. Weitere Expansi-
onen sind deshalb nicht ausge-
schlossen.
Peter Marxer sen.: Standort Zürich soll Standort Vaduz ergänzen.
FOTOS
ZVG
Centrum Bank (Schweiz) in Zürich: Der Zürcher Architekt Friedrich Wehrli hat das Haus vor 99 Jahren erbaut.
Marc Zahn: Die Centrum Bank (Schweiz) ist eigenständige Bank.
Konjunkturbarometer weiter
auf Rekordtief
ZÜRICH – Das Konjunkturbarometer der
Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH
Zürich hat sich im Mai gegenüber dem Vor-
monat nicht verändert und zeigt mit minus
1,86 Punkten weiterhin den tiefsten Punkt
seit Beginn der Messreihe im Jahr 1991 an.
Die Wertschöpfung der Schweizer Wirt-
schaft, also das Bruttoinlandprodukt (BIP),
dürfte somit unvermindert weiter sinken,
wie die KOF am Freitag mitteilte. Die Sta-
bilisierung des Barometers auf tiefem Ni-
veau – das fünfte Rekordtief in Folge – deu-
te darauf hin, dass der Rückgang zwar stark
bleibe, sich aber nicht noch weiter be-
schleunigen werde, heisst es. Das Modul
Kern-BIP, das die Gesamtwirtschaft ohne
Baugewerbe und Kreditgewerbe abbildet
und gut 90 Prozent der gesamtwirtschaft-
lichen Wertschöpfung umfasst, zeigt auf
tiefem Niveau seitwärts. Die Messmodelle
Exportdestination EU und Schweizer In-
dustrie zeigen auf tiefem Niveau mehr oder
weniger seitwärts, wie es weiter heisst. Das
Messmodell Schweizer Konsum deutet hin-
gegen eine weitere Verschlechterung an. Ei-
ne leichte Verbesserung erkennt die KOF
schliesslich bei den Modulen Baugewerbe
und Kreditgewerbe. (ap)
Swiss: Schwarze Zahlen
im ersten Quartal
ZÜRICH – Die Fluggesellschaft Swiss
konnte sich im ersten Quartal besser be-
haupten als manche Konkurrenten und blieb
in den schwarzen Zahlen. Der abtretende
Konzernchef Christoph Franz sieht aber
keine Zeichen der Entwarnung für die ernste
Lage der Luftfahrtbranche. «Wir profitieren
noch von den guten Vorausbuchungen des
letzten Jahres», sagte Franz in einem Inter-
view mit der «Neuen Zürcher Zeitung»
(NZZ) vom Samstag, das auf «NZZ On-
line» vorab in Auszügen veröffentlicht wur-
de. Der Einbruch der Buchungen bei Passa-
gierzahlen und Luftfracht im Dezember und
erneut im April werde aber auch die Swiss
treffen. Franz, der vor gut fünf Jahren noch
vor der Swiss-Übernahme durch die Luft-
hansa oberster Kapitän der Airline gewor-
den war, bezeichnete die Lage bei seinem
Antritt als «extrem schwierig». «Ich hatte
gar kein fertiges Rezept für den Turn-
around», gibt Franz im NZZ-Gespräch frei-
mütig zu. (sda)
Kaum Zunahme von
Konkursen im 2008
NEUENBURG – Die Wirtschaftskrise
führte 2008 nicht zu einer Zunahme der Be-
treibungen und Konkurse. Die Zahl der
Konkurseröffnungen stieg im Vergleich zum
Vorjahr um lediglich 29 auf 10 741 Fälle
(+0,27 Prozent). Die Liquidationsverfahren
nahmen sogar leicht um 1,9 Prozent auf
10 741 ab, schrieb die Behörde weiter. Die
Ergebnisse bestätigten die stabile Tendenz,
die sie in den vergangenen vier Jahren beo-
bachtet habe. Allerdings seien nicht alle im
Jahr 2008 abgeschlossenen Konkurse auch
im selben Jahr eröffnet worden. (sda) SCHWEIZ