Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

SAMSTAG, 24. DEZEMBER 2005 b3£?I THEMA 10 EIN BLICK ZURÜCK Positive Erfahrungen, die ein Leben lang bleiben VADUZ - Der Kriminaltechniker Michael Gätzi (Bild) von der liechtensteinischen Lan­ despolizei war vom 15. bis 26. Januar 2005 mit dem DVI-Team der Schweiz (Disaster Victim Identification) in Thailand im Einsatz. Das DV1 ist eine Katastrophenorganisation, die zum Einsatz kommt, wenn es um die Identifikation von Leichen bei Grossereignis­ sen geht. Das Schweizer Team war beispiels­ weise in der Vergangenheit nach den Terror­ anschlägen in Luxor oder beim Flugzeugab­ sturz in Halifax im Einsatz. Aber auch in der Schweiz selbst, beispielsweise nach dem Ca- nyoning-Unglück im Saxetenbach oder nach dem Amoklauf im Zuger Parlament, war das Team schon im Einsatz, um nur einige zu nennen. Das gibt es nur einmal im Leben «Ich denke oft an die Zeit in Thailand zu­ rück», sagt er. Es sei ein sehr lehrreiches Er­ lebnis gewesen - trotz der immensen Zerstö­ rung und des grossen Elends. «Ich würde so­ fort wieder gehen, wenn eine Anfrage kommt», sagt er. So eine «Chance» habe man wohl nur einmal im Leben. Angespro­ chen auf die psychische Belastung nach so ei­ nem Einsatz meint Michael Gätzi: «Ich per­ sönlich hatte und habe damit keine Probleme und auch die Kollegen aus der Schweiz, mit denen ich Kontakt habe, nicht.» Die Zu­ sammenarbeit vor Ort sei sehr gut gewesen und am Abend nach der Arbeit seien sie zu­ sammen gesessen und hätten viel geredet. «Wir waren ein super Team und die persön­ lichen Kontakte und Erfahrungen, die ich ge­ sammelt habe, werden mich ein Leben lang begleiten», sagt er über seinen Einsatz. Im Team vertreten waren Kriminaltechni­ ker, Rechtsmediziner, Präparatoren und Zahnärzte. Unglaublich viel gelernt Wie man sich die konkrete Arbeit vor Ort vorstellen müsse, wollten wir von Michael Gätzi wissen. «Die Leichen waren so gut wie möglich gekühlt. Dann mussten sie entkleidet werden und alle persönlichen Sachen, wie Schmuck, Geldbeutel und im Optimalfall ein Ausweis, wurden registriert. Dann wurde der Körper auf besondere Merkmale wie Täto­ wierungen, Piercings, Narben oder Ähnliches überprüft. Solche Merkmale können bei der Identifikation eines Menschen sehr wichtig sein. Wenn es vom Stand der Verwesung her möglich war, wurden auch Fingerabdrücke abgenommen. Danach kamen die Zahnärzte zum Einsatz, die anhand von Röntgenbildern ein Schema der Zähne erstellten. «In der praktischen Arbeit hat sich gezeigt, dass vor allem anhand der Zähne eine rasche und un­ komplizierte Identifikation möglich ist», er­ zählt Michael Gätzi. Das Schweizer Team habe vorbildliche Ar­ beit in Thailand geleistet. Dennoch habe man für einen zukünftigen Einsatz viel gelernt. «Wie so oft klafften Theorie und Praxis schon weit auseinander», sagt Gätzi rückblickcnd. Aber genau deswegen hätte das Team so viel profitiert für die Zukunft. «Manche Dinge wird man in Zukunft wohl anders angehen», sagt er abschliessend. (haka) 
Ein beispielloser Einsatz Schweizer Experten für Identifizierung beenden lehrreichen Einsatz nach Tsunami BERN - «In Sachen Opfer-Identi­ fizierung hat mit dem Tsunami ein neues Zeitalter begonnen», sagt ein Schweizer Experte nach Ende seines Einsatzes in Thailand. Die beispiellose Ar­ beit nach der verheerenden Flutwelle vor einem Jahr war äusserst lehrreich. Das Disaster-Victim-Identification- Team (DVI) habe noch nie so lange und so umfangreich gearbeitet, sagt Bertrand Mollier vom wissen­ schaftlichen Dienst der. Neuenbur- ger Polizei im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA. Nach seinem zweiten sechswöchigen Einsatz in Phuket ist er am Don­ nerstag in die Schweiz zurückge­ kehrt. Von 3750 vermissten Perso­ nen sind in Thailand nach dem Tsu­ nami vom 26. Dezember 2004 3000 identifiziert worden. 2000 Spezialisten aus 31 Ländern konn­ ten bei der Arbeit in Thailand un­ vergleichbare zusätzliche Erfahrun­ gen sammeln, die sie auch in ihrem Heimatland nutzen können, wie Mollier sagt. Der Neuenburger rühmt die gute Zusammenarbeit der DVI-Teams vor Ort. Trotz Ver- ständigungsproblcmen und kultu­ rellen Unterschieden sei man über das Vorgehen einig geworden, sagt Mollier. Von Schweizer Seite wa­ ren 148 Personen am Identifika- tionsprozess beiteiligt, davon über 100 im Katastrophengebiet. Thailänder übernehmen Arbeit Nach der Rückkehr der drei letz­ ten Schweizer diese Wochc werden im Januar und Februar nochmals 
Im Einsatz für die Identifizierung: DVI-Spezialisten aus aller Welt. zwei hiesige Experten in Bangkok zum Einsatz kommen. Danach soll der Identifikationsprozess vollum­ fänglich von den thailändischen Behörden übernommen werden. Laut Mollier haben die Behörden 
vor Ort nach der Katastrophe alles lernen müssen über die Identifizie­ rung von Opfern. Nach dem Abzug der internationalen Experten hätten die thailändischen Behörden noch für mindestens ein Jahr Arbeit. Die­se 
lange Dauer sei nicht erstaunlich, sagt der Neuenburger. In Bosnien seien auch zehn Jahre nach dem Krieg immer noch Experten daran, Opfer des Krieges zu identifizieren. Vom Meer weggetragen Ziel sei, alle sterblichen Überres­ te den Angehörigen zu überbrin­ gen. «Es kann aber nicht ausge­ schlossen werden, dass einige Op­ fer vom Meer weggetragen wurden und nie mehr gefunden werden», sagt Mollier. Aus der Schweiz wur­ den bisher 107 Opfer identifiziert, 5 Personen werden immer noch vermisst. 45 Prozent der sterb­ lichen Überreste wurden dank Zahnschcmen identifiziert, die praktisch in allen entwickelten Ländern systematisch vorhanden sind. In 35 Prozent der Fälle könn­ ten die Opfer mittels Fingerab­ drücken identifiziert werden, in 20 Prozent dank DNA-Profilen. DNA-Methode kommt zum Schluss Die DNA-Methode sei zwar langwierig und teuer, doch in der Schlussphase des Identifizierungs­ prozesses am angebrachtesten, sagt Mollier. Dabei müssen am Wohnort genetische Spuren entnommen oder von Verwandten Genmaterial besorgt werden. Die Flutwelle am 26. Dezember 2004 im Indischen Ozean forderte nach offiziellen Angaben in zwölf Anrainerstaaten 226 5CX) Tote (davon sind 50 000 Vermisste), 125 (XX) Verletzte und 2,3 Millionen Obdachlose. Sie richtete einen Schaden von 14 Milliarden Dollar an. (sda) EIN JAHR NACH TSUNAMI-KATASTROPHE Zwei Fischer im Aussenbezirk von Madras, Indien, wefen ihre Fangnetze aus. 
Im Falle eines Falles: Ein Hinweisschild am Strand von Koh Ptil Phi, Thai­ land. Im Hintergrund sonnen sich Touristen. Vor knapp sine Jahr: Europäische Touristen laufen entlang des zerstörten Strandes in Phuket, Thailand. 
Gestern Freitag: Touristen schlendern am Patong-Strand im thailändi­ schen Phuket. i
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.