Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

DONNERSTAG, 1. DEZEMBER 2005 BLATT 
I THEMA 
34 FRAGEN ZUM HIV-TEST Die häufigsten Fragen im Zu­ sammenhang mit dem HIV-Test SCHAAN - Von Paul Matt (Bild), von der Fachstel­ le für Sexualfra­ gen und HlV-Prä- vention, Schaan wollten wir Ant­ worten in Bezug auf den HIV-Test und dessen Sicherheit. 
Wie tolerant sind wir? Tag der Solidarität mit Betroffenen - Paul Matt zum heutigen Welt-Aids-Tag Wo kann ich mich beraten lassen? Paul Matt: In Liechtenstein bei der Fach­ stelle für Sexualfragen und HIV-Prävention in Schaan, Tel. 
232 05 20, Internet:  www.fa6.li . In allen Regionen der Schweiz gibt es regio­ nale Aids-Hilfen. Die Adressen findet man im Internet unter  www.aids.ch .  Gerne wird man Sie telefonisch beraten oder zu einem Gespräch einladen. Die Aids-Hilfen bieten Ihnen auch Begleitung während der Test­ situation an. Wo kann ich mich testen lassen? Sie können sich an ein privates medizini­ sches Labor wenden, das die verschiedenen Tests ebenfalls durchfuhren wird. Eine weite­ re Möglichkeit ist, dass Sie Ihren Hausarzt beauftragen, den gewünschten Test durchzu­ führen. Er wird Ihnen dann eine Blutprobe entnehmen und diese an ein Labor einschi­ cken. Dann stellt sich allerdings das Problem der Anonymität. Kann ich den Test anonym machen? Grundsätzlich können Sie in den medizini­ schen Labors die Tests anonym durchführen lassen. Ein alifällig positives Resultat muss jedoch laut Meldeverordnung dem Amt für Gesundheitsdienste mitgeteilt werden. Diese Meldungen sind für die Kontrolle der Epide­ mie wichtig und sollen der Präventionsarbeit zugute kommen. Wenn Sie den Test bei Ihrem Hausarzt in Auftrag geben, kann er auf Wunsch den Test bei seinem Labor ebenfalls anonym durchfuhren lassen. Das Resultat ist dann der Krankenkasse nicht bekannt, wohl aber dem Hausarzt der allerdings an die ärzt­ liche Schweigepflicht gebunden ist. Auch für ihn gilt die Meldeverordnung. Und wenn Sie es nicht ausdrücklich anders verlangen wird der Test in der Krankengeschichte vermerkt, was zu einem späteren Zeitpunkt gegebenen­ falls zu versicherungsrechtlichen Problemen fuhren kann. Informieren Sie sich dazu vor dem Test bei der Fachstelle für Sexualfragen in Schaan. Kann man HIV-Tests auch anonym ma­ chen, wenn man noch nicht volljährig ist? Ja, das ist möglich. Ein HIV-Test ist, egal ob anonym oder beim Hausarzt durchgeführt, eine höchstpersönliche Angelegenheit, die nur die Urteilsfähigkeit und nicht die Volljäh­ rigkeit 
voraussetzt. Mit anderen Worten: Sie i können einen anonymen HIV-Test machen lassen auch ohne Einwilligung des gesetz­ lichen Vertreters. Wie lange muss man auf das Ergebnis warten? Meistens bekommt man das Testresultat am selben Tag oder spätestens am Folgetag nach der Blutentnahme. Wieviel kostet mich dieser Test? Ein HIV-Test kostet in Liechtenstein ca. 60 Franken. In der Schweiz wird der gleiche Test für ca. 50 Franken durchgeführt und in Feld­ kirch gar für ca. 26 Euro. Wenn Sie Tests an­ onym durchführen lassen, müssen Sie die Ko­ sten selber tragen; andernfalls übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Wie sicher sind die Testresultate? Wenn Sie drei Monate nach einer Risikosi­ tuation einen HIV-AntikÖjper-Test mit nega­ tivem Ergebnis durchfuhren, ist das Resultat ausreichend sicher. Sie haben sich nicht infi­ ziert. Positive Testresultate müssen mit einem zweiten 
Test, 
einem so genannten Bestäti­ gungstest, der auf einer anderen Nachweis- Methode beruht, überprüft werden. Ausser­ dem wild gleichzeitig in der Regel noch ein dritter Test zur Bestimmung der Viruslast durchgefühlt. Damit lassen sich falsch-positi­ ve Resultate faktisch ausschliessen. (haka) 
SCHAAN - Dar Welt-Alds-Te wird «alt 1988 begangen. Et Ii dar Tag dar Solldarftat mit von 
S   »Ildari HIV und Mda batroffanan Man­ schen und danan, dto Ihnan na- ha stehen. Ea Ist aber auch dar Tag, an dam deutlich wird, dass fiir Menschen mit HIV Jeder Tag des iahras ein Aids-Tag Ist. Weltweit sind mehr als 40 Millio­ nen Menschen HIV-positiv. Allein in diesem Jahr sind über 3,5 Milli­ onen Menschen weltweit an Aids gestorben. Täglich werden es mehr. Global gesehen steht Aids als häu­ figste Todesursache da. Als sich vor vier Jahren die Regierungschefs von 189 Ländern trafen, um ge­ meinsam Wege zu finden, der Pan- demie Aids Herr zu werden, waren die Hoffhungen gross. Wo stehen wir heute? Konnte die Lebenssitua­ tion HIV und Aids betroffener Menschen wirklich verbessert wer­ den? Ein Ziel der Fachstelle für Se- xualfragen und HIV-Prävention ist es, fUr die aktuellen Anliegen von HIV/Aids zu sensibilisieren. Gele­ genheiten, sich solidarisch zu ver­ halten, gibt es täglich. Im Laufe dieses Jahres wurden von einem breit abgestützten Initia­ tivkomitee zwei Schwerpunktpro­ jekte zur Förderung der Solidarität mit HIV/Aids betroffenen Men­ schen durchgeführt. Im Frühjahr 2005 wurden drei Ausstellungen unter dem Motto «Leben und Sterben im Zeichen von Aids» und flankierend dazu verschiedene Vorträge, Führungen und Workshops realisiert. Daraus resultierte ebenfalls eine Petition zuhanden des Liechtenstei­ ner Landtages unter dem Titel «Aids in Afrika - Medikamente und Prävention - für alle». Diese Petition wurde im September 2005 im Landtag diskutiert, gutgeheissen und an 
die Regierung überwiesen. Die Petition setzt auf vier Ebenen an: 1. In der Entwicklungszusammen­ arbeit soll die Aidsprävention und die Behandlung von Betroffenen ein Schwerpunktanliegen sein. 2. Der Liechtensteiner Beitrag für den Fond der Weltbank zur Be­ kämpfung von Aids, Tuberkulose 
Bn wattweites Zeichen dar Sefldarität Ist die rata Schlaffe - Paul Matt zum diesjährigen Welt-Aids-Tag: «Wir rich­ ten unser Augenmerk auf jene Manschen, die mit solchen Ängsten leben und fragen: <Wle tolerant sind wir?» und Malaria soll verdoppelt wer­ den, von 100 000 auf 200 000 Franken. 3. Liechtenstein soll die Interessen der Menschen mit HIV/Aids in den WTO-Verhandlungen und bei bila­ teralen Verträgen besser gegen Pa­ tentansprüche von Pharmafirmen vertreten. 4. Auch in Liechtenstein soll das freie Sprechen und die Aufklärung über Sexualität und HIV/Aids in der Jugend- und Elternarbeit weiter gefördert werden. Ich bin starr geworden... «Als ich das Testresultat erhielt, bin ich starr geworden - in diesem Moment starr geworden. Und mir schoss durch den Kopf: Wer hat mich jetzt noch gern? Wer berührt mich jetzt noch? Wer steht noch zu mir? Und dann habe ich zu weinen begonnen.» HIV/Aids ist eine Seuche, die sich über die ganze Welt ausbreitet. Selbst in verschiedenen Industrie­ staaten nehmen die Neuansteckun­ gen wieder zu. Die Gründe sind Gleichgültigkeit, Unwissenheit und Armut. Permanente und ehrliche Information über Sexualität tut überall Not - auch in Liechtenstein. Immer noch sterben allein in Afrika täglich mehr als 6000 Men­schen 
an den Folgen von Aids. HIV/Aids verhindert Entwicklung und macht Fortschritte der letzten Jahrzehnte wieder zunichte, wenn die arbeitende Generation wegstirbt und Millionen von Kindern zu Wai­ sen werden. Das müsste nicht sein! Es gibt wirksame Medikamente, doch die Armen haben keinen Zu­ gang zu ihnen. Aus diesem Blick­ winkel ist Aids kein Gesundheits- sondern ein politisches Problem. Obwohl in der Schweiz über 20 000 Menschen das HI-Virus in sich tragen, wird immer weniger darüber gesprochen. In Liechten­ stein leben rund 50 offiziell gemel­ dete HIV-positive Menschen, tat­ sächlich sind es eher 100 bis 150. Die meisten kennen wir nicht. Vie­ le von ihnen leben unerkannt, man­ che gar versteckt. Sie haben Angst, offen über ihre HIV-Infektion zu reden. Angst davor, diskriminiert und stigmatisiert zu werden. «Wir richten am Welt-Aids-Tag unser Augenmerk auf jene Menschen, die mit solchen Ängsten leben und fra­ gen: <Wie tolerant sind wir. Wie of­ fen wollen wir damit umgehen?» - so Paul Matt von der liechtensteini­ schen Fachstelle für Sexttalfragen und HIV-Prävention. «Ich verdrängte das völlig. Such­ te einen Job. Lebte wie eh und je. 
Wollte nichts wissen von dem gan­ zen HIV-Zeug. Ich wollte gleich sein wie die anderen. Obwohl ich wusste: Ich bins nicht mehr.» So lange... So lange Berufstätige riskieren, ihre Arbeit zu verlieren, wenn sie offen über ihre HIV-Infektion spre­ chen ... So lange sich viele nicht getrauen, der neuen Bekanntschaft von ihrer HIV-Infektion zu erzählen, aus Angst davor, verlassen zu werden... So lange HIV-Betroffene beim Abschluss von Versicherungen massiv benachteiligt werden '' So lange also die sozialen und beruflichen Ungleichheiten zwi­ schen HIV-positiv und HIV-negativ so gross sind ... So lange Vorurteile über HIV und Aids grassieren, anstatt das nötige Wissen, wie eine Übertragung von HIV verhindert werden kann ... So lange sind Diskriminierung und Isolation leider alltäglich ... So lange wird es für Betroffene nicht möglich sein, ein normales Leben zu führen ... «Mein Typ verliess mich, als er herausfand, dass ich HIV-positiv bin. Nicht gleich Knall auf Fall - er zog sich einfach immer mehr zu­ rück. Das hat mich sehr verletzt.» Solidarität mit Betroffenen und Angehörigen Ein Beitrag von Patricia Matt, Fachstelle für Sexualfragen und HlV-Pravention SCHAAN - Die Fachstelle für Sexualfragen und HIV-Präven­ tion In Schaan bietet Dienstleis­ tungen In vier Dereichen an: 1. Sexualpädagogik, 2. Sexual­ beratung, 3. Sexuell übertrag­ bare Krankheiten, 4. Familien­ planung. Von sexuell übertragbaren Krank­ heiten betroffenen Menschen haben hier eine Anlaufstelle. Sie können sich im persönlichen Gespräch, am anonymen Beratungstelefon oder per E-Mail mit ihren Fragen, Nöten und Ängsten an die Stelle wenden. Ein Teil unserer Arbeit ist es, uns für die Solidarität von betroffenen Menschen einzusetzen. Es ist einer­ seits wichtig, sich solidarisch zu zeigen filr betroffene Menschen in der Welt, andererseits ist es ebenso wichtig, sich für die betroffenen Menschen in unserer Nähe einzu­ setzen. Ein wiintovoiles Leben Das Ziel dieses Einsatzes ist es, betroffenen Menschen ein mensch­ liches und würdevolles Leben zu 
ermöglichen. «Mitmenschlich nach meinem betroffenen Nachbar zu schauen, dafür braucht es kein Geld», Hess mich eine betroffene Frau wissen. Prävantionsarbett In Schulen Patricia Matt geht regelmässig mit betroffenen Menschen in Schu­ len. Die Lektionen haben nicht nur das Ziel, Neuansteckungen mit se­ xuell übertragbaren Krankheiten zu verhindern. Es geht darum, dass die Schüler 
und Schüler/-innen betrof­ fene Menschen und deren Leben kennen lernen können. «Wir sind nicht ein Beispiel für schlechte Menschen», sagt mir Frau S, eine betroffene Frau , die mit mir in die Schulklassen geht. «Ich freue mich darüber, den Unterschied bei den Schüler/-innen vor der Lektion und nach der Lektion wahrzunehmen. Ich bin froh, wenn es bei diesen jungen Menschen eine positive Meinungsänderung gegenüber po­ sitiven Menschen gibt. Und ich bin froh, wenn sie mitdenken und sich ihre eigene Meinung bilden. Und 
wenn sie sich dann noch in ihrem Leben selbstbewusst und verant­ wortlich vertreten, indem sie tat­ sächlich ein Kondom benutzen, kann ihnen viel Schmerzliches er­ spart bleiben», sagt Frau S. Was betroffenen Menschen hilft «Heute weiss jeder, um was es geht», sagt Frau S. «Fast jeder weiss wie man sich mit HIV infis- zieren kann oder wie man sich schützen kann. Und dennoch merke ich, wie Menschen auf mich reagie­ ren, wie sie Angst vor betroffenen Menschen haben. Eigentlich müs- sten sie sich doch heutzutage so verhalten, als ob alle Menschen HIV-positiv wären. Ich würde mir wünschen, dass HIV und Aids kein Tabuthema mehr sejn müsste, dass auch meine Mitmenschen bereit wären darüber zu reden.» Ängste, die betroffene Menschen erleben Nach wie vor haben betroffene Menschen Angst davor, ob, wann und wie die Krankheit ausbricht. 
Die Wahrscheinlichkeit an Aids zu sterben, ist bei uns kleiner, die Möglichkeit besteht jedoch nach wie vor. Und es kommen Ängste dazu, wie: wie lange die Medika­ mente wohl noch wirken? Was wird sein, wenn bekannt ist, dass ich HIV-positiv bin? Wird man mich ausgrenzen? Werde ich meinen Ar­ beitsplatz verlieren? Werde ich meine Wohnung verlieren? Kann ich überhaupt noch meine Sexua­ lität leben? Was würde halfen? Solidarität mit betroffenen Men­ schen: «Was wünschst Du Dir?», frage ich Frau S. - sie überlegt: - «Ich wünsche mir, dass es immer mehr Arbeitgeber gibt, die Teilinva­ lidenstellen schaffen, so dass <posi- tive> Menschen eine Chance haben zu arbeiten», sagt Frau S. nach­ denklich. «Mit all den Therapien, die ich machen muss, bin ich begrenzt arbeitsfähig. Etwas vorzuspielen macht Dich nur noch kränker. Zu dem zu stehen, was ist und eine Chance zu bekommen, das hilft.»
	        

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