Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

SAMSTAG, 19. NOVEMBER 2005 BLATT 
IKULTUR 
38 VADUZ -Im Rahmen des laufenden Schicht- ^üchsel'Prqjektes «6 Räume» taucht in näch­ ster Zeit ein Überdimensionaler Würfel des Schweizer KUnstlert Jan Kaeser an sechs ver­ schiedenen Oiten in Vaduz auf. IZum jeweili­ gen Ort erscheinen Textskizzen der Autorin­ nen und Atitoren in den Landeszeitungen. Heute zum vierten Ort - auf der Treppe beim Kunstmuseum Liechtenstein wo der Würfel derzeitsteht , Würfels Bruder «Schwerblütig schimmert der Schrein der Kunst Seine dunkeln Fassaden - undurchläs­ sig und glatt, unantastbar und ewig. Doch plötzlich taucht der WUrfel auf und bietet dem Quader die gepunktete Stirn. Rot und Gold spiegeln sich im schwarzen Stein als der Zu­ fall dem ausgestellten Leben entgegen stürzt Wie viel wiegt das Glück in diesem Spiel? Im Fluge des Würfels - renverser, bouleverser, r6~ volter!» Marko Sauer zu Raum vier der lau­ fenden Schichtwechsel-Aktion «6 Räume» von Jan Kaeser. (PD) 
Walzer voll Trauer und Lust Cornelia Froboess und Sigi Schwab mit ihrem Programm «Liederliches» imTaK SCHAAN - Dia vielzitierte Bade­ hose blieb Im Schrank, als die Schauspielerin Cornelia Fraboes und dtr Gitarrist Slgl Schwab am Donnerstag Im TaK Lieder so unterschiedlicher Urheber wie Nick Cave und Leonard Cohen mit Gedichten ran Brecht bis Schickele und kleinen Gitarre- solostiicken ran Schwab rar­ flochten. «Anw UttTli r Obwohl das Programm «Lieder-li- ches» hiess, wurde bedeutend mehr rezitiert als gesungen. Eigentlich kamen nur ein paar wenige Lieder von Nick Cave und Leonard Cohen zum Vortrag, frei aus dem Engli­ schen übersetzt von Cornelia Fro- boessens Ehemann Hellmuth Matia- sek. 
Der Text zu «Dieser Walzer», in Cohens Original «Take This Waltz» geheissen, ist gar die Über­ setzung einer freien Übersetzung, und zwar eines Gedichts von Fede- rico Garcia Lorca. Und mitunter, etwa als Froboess mit geschürzten Lippen gedehnt «Sie nennen mich Ro-ose» sang, nach Caves Textzei­ le «They called me the Wild Rose», schien der deutsche Text nicht so richtig zur Musik, wie man sie im Ohr hat, passen zu wollen. Von allem ein bisschen Liebe und Leidenschaft, Halb­ welt, Lust und Laster bis hin zum Mord, all dies hatte seinen Platz an 
Sigi Schwab und Cornelia Froboess gewährten mit Liedern und Gedichten des 20. Jahrhunderts Einblick« in die Abgründe der menschlichen Seele. diesem Abend mit Liedern und vor allem Gedichten von Alfred Lich­ tenstein, Ren6 Schickele, Bertolt Brecht und Erich Kästner; promi­ nent vertreten war die Wiener Gruppe mit Texten von Gerhard Rühm und Konrad Bayer. So ganz wurde allerdings nicht klar, worum es wirklich ging: um eine innere Haltung, ein Lebensgefühl, .den grossstädtischen Menschen an sich, Sozialkritik, Unterhaltung? Es war 
sicher von allem ein bisschcn. Sigi Schwab verband die mit dunkler, kehliger Stimme von Froboess ge­ sprochenen, erotischen bis makab­ ren, Texte mit kurzen Eigenkom­ positionen und unterlegte teilweise auch die Texte selbst mit Musik. Zwei künstlerische Grössen Man hätte sich ein wenig mehr überleitende oder erklärende Worte gewünscht, und auch die Musik 
wirkte mitunter etwas beliebig. Zwei solche künstlerischen Grössen wie Cornelia Froboess und Sigi Schwab gemeinsam auf der Bühne zu erleben, wie sie in allernächster Nähe vor einem sitzen und in Lie­ dern und Gedichten Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele gewähren, hat aber mit Sicherheit etwas sehr Berührendes. Zum alten Eisen gehören die beiden auf alle Fälle noch lange nicht. ANZKICk www. ott enektrche.li Natürlichf 
OFFENE KIRCHE 
Kirchstrasse 6 Postfach 825 9494 Schaan vereir>@offenekirche.li Telefon 00423/233 40 33 Fax 00423/233 40 34 Günther Boss (direkt) 233 32 91 
y>-A • * Zum Begriff des «natürlichen Todes» VONBEATVOGT Der Begriff «natürlicher Tod» ist fragwürdig. Die Behauptung, es gäbe einen «natürlichen Tod", hat ihren geistesgeschichtlichen Ort in der materialistischen Grundstimmung der Neuzeit. Im Ursprung richtet sich die Rede vom «natürlichen Tod» gegen den christlichen Glauben, gegen die christliche Deutung des Todes und gegen die christliche Auferstehungshoffnung. Der Theologe Gisbert Greshake schreibt in seinem Buch «Tod - und dann?» (Freiburg i. Br. 1988), dass die unter dem Programmwort «natürlicher Tod» ge- fasste Anschauung eine nichtchristliche Einstellung zum Tod darstellt. Die These vom natürlichen Tod sagt, dass der Tod etwas ganz und gar Natürliches, Posi­ tives und Problemloses sei. Sie richtet sich gegen jede religiöse Deutung und Überhöhung des Todes. Der Tod sei «das unvermeidliche Ende der 
biologischen Lebenskurve aller Lebewesen». So sei der Tod für die Evolution notwendig, da er die Bedingung für den Fortschritt höherer Lebewesen sei. Der Tod habe die Funktion, neuen Lebensgestalten Platz zu machen. Der Tod ist in dieser Sicht «das Ende des natürlichen Lebens, und weil er das Ende ist, geht er uns im Grunde auch gar nichts an. Wir sind auf das Leben verwiesen und sollen sehen, dass wir es voll und freudig auskosten und unsere Möglichkeiten ausschöpfen. Dann ist der Tod am Ende etwas Pro­ blemloses.» Drei Gegenargumente Für Greshake ist der Tod aber mehr. Greshake warnt vor einem leichtfertigen Umgang mit dem Tod. Er nennt drei grundsätzliche Argumente gegen die These vom natürlichen Tod: 
1. Selbst wenn der Mensch den natür­ lichen Tod sterben könnte (vielleicht mit 150 oder 200 Jahren), hat er das unge­ heure 
Potential seiner Lebensmöglich­ keiten noch nicht ausgeschöpft und stirbt zu früh. Also lässt sich das menschliche Leben innerhalb einer bestimmten Zeit von Lebensjahren nicht vollenden. Damit zeigt sich der Tod aber immer als «unnatürlicher» Lebensab­ bruch. 2. Was man heute üblicherweise den natürlichen Tod nennt, erweist sich in Wahrheit doch als künstlicher Tod, da die Medizin bestrebt ist, das Leben zu verlängern. Greshake findet es problematisch, das Leben auf das Äusserste zu verlängern, weil «die Aufbietung allen medizini­ schen Könnens nicht selten zu einem tristen Siechtum in Pflegeheimen, zu einem sinnlos verlängerten Sterbe- prozess und zu einer trostlosen Verein­ samung des Sterbenden auf Intensiv­ stationen führt». Laut Greshake kann dieser Widerspruch im Rahmen der These vom natürlichen Tod nicht gelöst werden: zwischen dem Bemühen, den Tod dadurch in die Hand zu bekommen, indem man ihm möglichst viel Leben abtrotze und der Einsicht, sich dem Tode doch ergeben zu müssen. 
3. Greshake ist mit der Vorstellung, dass der Tod «nur als Schlusspunkt des Lebens und somit ausserhalb des eigent­ lichen Lebensvollzugs» steht, nicht ein­ verstanden. Der Tod ist ein Bestandteil des Lebens­ prozesses selbst, da Leben nicht auf ein­ mal abgestorben werde, sondern wäh­ rend des Lebens stückweise hergegeben werde. Der Mensch mache im Leben ständig Todeserfahrungen, besonders beim Tod eines geliebten Mitmenschen. Der Tod eines geliebten Menschen verur­ sache einen Verlust für die Hinterblie­ benen. Die These vom natürlichen Tod mache es sich zu leicht, wenn sie den Tod nur an das Lebensende hinaus­ schiebt. Beziehung zu Gott Der Christ und die Christin können und dürfen laut Greshake «den Tod nicht als 'natürliches Ereignis' ideologisch um­ interpretieren». So werde man weder der Bitterkeit der tatsächlichen Todes­ erfahrung noch der Tatsache, dass Tod und Sünde innerlich zusammenhängen, gerecht. Denn die Dramatik des Todes werde erst dann begriffen, wenn man sich und seine Selbstbehauptungs­ versuche aufgebe und sich vertrauens­ voll in die Beziehung zu Gott hineinfal­ len lasse. 
Kurz notiert Unser Autor Der Theologe Beat Vogt stammt aus Balzers. Er hat in Innsbruck und Dublin katholische Theologie studiert und seine Ausbildung mit einem Erweiterungs­ studium in Psychologie, Pädagogik und Philosophie ergänzt. Im Rahmen einer Seminararbeit befasste er sich mit der Programmatik eines «natürlichen To­ des». Heute ist Beat Vogt Seelsorger in der Seelsorgeeinheit Werdenberg. Mit seiner Frau Claudia wohnt er im Pfarr­ haus Azmoos. Stellungnahme des Vereins Der Verein für eine offene Kirche wird nächste Woche eine Stellungnahme zur bevorstehenden Volksabstimmung vom 25./27. November veröffentlichen. Die Arbeitsgruppe Kirchliches Leben hat sich mit 
dem Initiativbegehren «Für das Leben» und mit dem Gegenvorschlag des Landtages auseinander gesetzt und einen klärenden Forumsbeitrag erarbei­ tet. Adventskalender Mit dem ersten Adventssonntag am 27. November beginnt ein neues Kirchen­ jahr. Während der Adventszeit wird auf der homepage des Vereins für eine offe­ ne Kirche  ( www.offenekirche.li )  wieder der beliebte Adventskalender aufge­ schaltet sein. Hinter jeder «Baumnuss» verbergen sich anregende Gedanken zum Tag, zur Vorbereitung auf das Er­ eignis von Weihnachten.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.