Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

DONNERSTAG, 27. OKTOBER 2005 S3£l KULTUR 33 KULTURTIPPS «Die Geierwally» im Schlösslekeller VADUZ-Die Ge­ schichte der Geier­ wally, 1875 von Wilhelmine von Hillern erstmals veröffentlicht und seither vielfach verfilmt und dra­ matisiert (u.a. für Alfredo Catalanis Oper «La Wally»), ist 
weltberühmt: Wally verwei­ gert sich dem pa- triarchalen Zwang des Vaters, den rei­ chen 
Bauern Vin­ zenz zu heiraten, denn sie liebt ei­ nen anderen, den Bärenjoseph. In die kalten Glet­ scherhöhen verbannt, geht sie - zusammen mit dem von ihr gefangenen und gezähmten Geier - ihren schweren Weg. Verwandelt kehrt sie nach dem Tod des Va­ ters in das Tal zurück: verwahrlost, aber stolz. Das 
Unheil nimmt seinen Lauf in der Ver­ strickung von Schuld und Geschlechter­ kampf, Liebe und Hass, Natur und Zivilisa­ tion. Lina Antje Gühne und Uwe Heinrichs erzählen den Mythos in einer Fassung des Theaters am Neumarkt (Zürich). Es spielen die Schauspielerin Ursula Reiter und der Li- ve-Musiker Michael Sauter. «Die Geierwally» mit Ursula Reiter und Michael Sauter ist eine Veranstaltung im Rah­ men 
der «Liechtensteiner Spezialitäten im Schlösslekeller» und findet am Freitag, 28. Oktober, im Vaduzer Schlösslekeller statt. Beginn: 20 Uhr. Offizielle Vorverkaufsstelle des Schlösslekellers für alle Veranstaltungen ist der Postcorner der Liechtensteinischen Post AG.  www.postcorner.li oder Tel. 239 63 66. Ebenso besteht die Möglichkeit, am Auf­ führungstag ab 19 Uhr über Tel. 230 10 40 oder an der Abendkasse mögliche Restkarten zu beziehen. (PD) «Mummenschanz» in Vaduz VADUZ - Das Maskentheater «Mummen­ schanz» gastiert mit seinem aktuellen Pro­ gramm «Next» in Vaduz. Am Freitag, dem 28. Oktober, verwandelt sich der Vaduzer Saal um 20 Uhr in einen Ort der sprechenden Stil­ le. Das Theater «Mummenschanz» zählt zu den erfolgreichsten Theatergruppen der Welt. Seine Berühmtheit erlangte «Mummen­ schanz» durch das professionelle und hoch­ entwickelte Spiel mit Masken und Formen, mit Licht und Schatten sowie durch die sub­ tile Choreografie: Es wird kein Wort gespro­ chen - und doch werden tausend Geschichten erzählt. «Mummenschanz» unterscheidet sich von der Pantomime: Die Künstler spielen mit Gesichts-, Teil- und Ganzkörpermasken, wel­ che auch manipuliert werden. Präzises Licht verbirgt die Körper der menschlichen Darstel­ ler, nur die Fantasiefiguren sind zu sehen, Fi­ guren als «beseelte Gegenstände». Theater «Mummenschanz»: Freitag, 28. Oktober, Vaduzer Saal, Beginn: 20 Uhr, Tür­ öffnung: 19 Uhr. (Anzeige) Kartenverlosung 
Ohrwürmer mit Tiefgang Christine Seghezzi und Klaus Beck im Gespräch Das Liechtensteiner Volksblatt verlost heu­ te um 13.30 Uhr 2 x 2 Eintrittskarten für Mummenschanz. Ruten Sie heute um 13.30 Uhr unter der Nummer 769 51 51 an und mit etwas Glück können Sic gratis an die Vorstel­ lung von Mummenschanz. (Red.) 
ESCHEN - Josef G. Rheinbergers Singspiel «Der arme Heinrich» war früher eine oft aufgeführte Kinderoperette, die in den Sech­ zigerjahren weitgehend in der Versenkung verschwand. Die Liechtensteinische Musikschule bringt das Werk in einer ent­ staubten, von Jilrg Hanselmann neu instrumentierten Version ab Freitag auf die Bühne des Eschner Gemeindesaals. • Anw Lttlfle r Volksblatt: Was gibt es im Eschner Gemeindesaal zu erleben? Christine Seghezzi: Es ist ei­ gentlich eine sehr einfache Ge­ schichte, vom armen Heinrich, ei­ nem Zigeunerbub, der im Wald von Dorfbewohnern gefunden wird. An diesem Tag kommt der Graf zu Be­ such, und beim Empfang geht alles drunter und drüber. Am Schluss stellt sich heraus, dass der Zigeu­ nerbub der Neffe des Grafen ist und damit adelig. Meinen Sie mit einfacher Ge­ schichte, dass sie keine aufkläre­ rische Komponente hat? Christine Seghezzi: Ja, die Ge­ schichte ist naiv und mit allen Kli­ schees des 19. Jahrhunderts be­ setzt. Was mich interessiert, sind die Vorurteile und der Rassismus in dieser Gesellschaft. Der Zigeuner­ bub wird ausgestossen und verach­ tet, er steht ausserhalb der Gesell­ schaft. Die Moral der Geschichte ist dann die. dass er sozusagen besser ist als die andern. Mich hat interes­ siert, mit den Kindern über Themen wie Vorurteile, Rassismus und Into­ leranz zu arbeiten. Ich habe es so zurechtgebogen, dass er am Schluss nicht besser ist oder schlechter, sondern dass die Vorur­ teile, die in einer Gesellschaft exis­ tieren, auch von dieser gelöst wer­ den müssten. Nicht, dass dann, weil eben der Graf kommt und sagt, das ist mein Neffe, alles ok. ist. Haben Sie den Gedanken selber hinzugefügt? Christine Seghezzi: Ja, weil ich das Gefühl habe, dass ich die Ge­ schichte nicht so inszenieren kann, wie sie geschrieben ist. Was uns vom 19. Jh. trennt, ist vor allem das, was mit Zigeunern und Juden im Zweiten Weltkrieg passiert ist. Man kann diese Geschichte heute nicht mehr so naiv erzählen wie da­ mals. Was haben Sie geändert? Christine Seghezzi: Ich habe ziemlich viel gestrichen, da die Ge­ schichte doch ziemlich ausufernd ist. Und den Schluss habe ich zu­ rechtgebogen. Es ist nun kein wirk­ liches Happy End, sondern es bleibt noch etwas Sand im Getriebe. Gab es früher eine andere Auf­ führungspraxis? Klaus Beck: Ja, schon. Ich weiss, dass es in den Vierziger- und Fünfzigerjahren sehr beliebt für Schulaufführungen war. Es wurde oft in Internaten, weit über Liech­ tenstein hinaus, gespielt, auch in München, im Original, mit Klavier. Christine Seghezzi: Wahr­ scheinlich flaute das in den Fünfzi­ ger* oder Sechzigerjahren ab. Seither gibt es viel mehr kindge­ rechte Sachen. Man muss schon sa­ gen: Die Musik ist sehr herzig und lieb gemacht. Es sind wirkliche Ohrwürmer, was man von Rhein­ berger nicht erwarten würde. 
Christine Seghezzi (Regie) und Klaus Beck (musikalische Leitung) bringen mit Solisten, Chor und Orchester der LMS, Rheinbergers Singspiel «Der arme Heinrich» auf die Bühne des Eschner Gemeindesaals. Er als Kompositionslehrer wuss- te ja wohl wie es funktioniert? Klaus Beck: Man muss als Kom­ ponist trotzdem das Gespür haben, was mit Kindern und auf einer Lai­ enbühne möglich ist. Es steckt viel Humor in der Musik, in der Instru­ mentation kommt das noch besser heraus. Inwiefern stellt die Instrumentie­ rung etwas Neues dar? Klaus Beck: Die Musikschule beauftragte Jürg Hanselmann mit einer neuen Instrumentierung, aus­ gehend von der Besetzung der von Rheinberger original instrumentier­ ten Ouverture. Man nimmt an, dass er nach Fertigstellung des Stücks die Ouverture für irgendeinen An- lass verwendet hat; nach einer an­ deren Theorie war die Ouverture ein Beispiel für seine Komposi­ tionsschüler, wie man aus einem Klavierstück eine Instrumentation machen kann. Der Auftrag an den Rheinberger- Spezialisten Hanselmdnn war, eine gültige Fassung zu erstellen, auch vor dem Hintergrund, dass der Chor, ein reiner Kinderchor, immer noch über dem Orchester stehen kann. Wir wollen, dass Solisten, die Musikschüler sind, das über dem Orchester rüberbringen können. Wir haben jetzt wirklich tolles Stimmenmaterial. Auch andere Musikschulen sollen das Stück auf­ nehmen und spielen können. Ich möchte sagen können: Schau mal, es gibt von Rheinberger ein tolles Stück, wir haben dazu eine Instru­ mentation gemacht, es ist alles su­ per eingerichtet, und wir stellen es euch zur Verfügung, auch in der Hoffnung, dass das Stück wieder mehr Beachtung findet. Jürg Hanselmann hatte bislang nur für Klavier komponiert, «Dies irae» war seine erste Arbeit für Ensemble. Will er künftig mehr in diese Richtung arbeiten? Klaus Beck: Ich kann mir schon vorstellen, dass er Spass daran "kriegt, mehr für Orchester zu schreiben. Er sagte mir sofort freu­ dig zu und klemmte sich dahinter, im Sinne von Rheinberger: Wie könnte sich Rheinberger das ge­ dacht haben, wie hätte er es instru­ mentiert? Christine Seghezzi: Trotzdem hat er eine zeitgenössische Orchest­ rierung gemacht. Für mich ist es ganz klar keine Instrumentierung 
aus dem letzten Jahrhundert. Klaus Beck: Wir haben alles im Original übernommen, aber darauf geachtet, dass kein professionelles Orchester gebraucht wird, sondern dass man es mit Schülern und Leh­ rern spielen 
kann. Die Musik ist so schwierig, wie sie geschrieben ist, aber wir haben geschaut, dass es spieltechnisch für Schüler machbar ist. 
Es ist eine klassische Beset­ zung, je zwei Holzbläser, zwei Homer, zwei Trompeten und zwei Pauken: immer einer ist ein Lehrer, und der andere ein Schüler. Bei den Streichern sind die Stimmführer Lehrer und der Rest Schüler. Es ist eine Chance für junge Leute, in ei­ nem Orchester und in einem Mu­ siktheater zu spielen, was nochmal etwas anderes ist. Sie spielen recht gut als Orchester, dünkt mich. Wie sieht das Bühnenbild aus? Christine Seghezzi: Das Büh­ nenbild entstand in Zusammenar­ beit mit Guido Huber, Zeichen- und Werklehrer an der Realschule in Vaduz. Beatrice Turquand d'Auzay, eine in Paris lebende Künstlerin, hat den Entwurf gemacht, und Hu­ber 
hat ihn mit Schülern der dritten Klasse sehr gut realisiert. Er wurde mit dem Gedanken entworfen, dass es von Schülern und nicht von pro­ fessionellen Bühnenmalern reali­ siert wird. Ist das Bühnenbild naturalistisch oder abstrakt? Christine Seghezzi: Ich bin von der Malerei von Beatrice ausgegan­ gen, die auch selber Bühnenbilder gemacht hat in Paris. Es ist reali­ stisch, aber Beatrices Malerei hat eine Einfachheit, einen Strich, der sich fast an Kinderzeichnungen an­ nähert. Das Bühnenbild ist eine Schul­ klasse, wie sie fast von einem Kind hätte gezeichnet werden können. Es ist sehr einfach: eine Box, fast eine Pappkartonbühne, so wie frü­ her ein Schulzimmer ausgesehen hat. Es ist kein realistischer Raum, die ganze Schulklasse mit Bänken und Stühlen ist aufgemalt. Der Spielraum ist leer, es ist alles klein gehalten, fast wie eine Puppenbüh­ ne. Das war auch die Idee, auch das Konzept 
vom Bauerntheater wird ein bisschen weitergeführt. «NACHBARIN, EUER KÄTZCHEN!» «Der arme Heinrich» im Gemeindesaal Eschen Christine Seghezzi geht es bei ih­ rer Inszenierung des ursprünglich recht einfach gestrickten Plots um den vermeintlichen Zigeuner­ jungen Heinrich um das Aufzei­ gen von Intoleranz und Ras­ sismus in der Gesellschaft, aber auch von Obrigkeits- und Adels­ hörigkeit. Zu der Situation beim Besuch des Grafen, der alles rich­ tet, sieht sie auch im heutigen Liechtenstein Parallelen. Die für die allgemeine Öffentlichkeit nicht zugänglichen Schulvorstel­ lungen am Montag begleitet Seg­hezzi 
mit einer theaterpädagogi­ schen Einführung. Anmeldungen hierfür sind Uber das TkK immer noch möglich: 237 59 61. Aufftthrangadafan: Freitag, 28. Oktober, 20 Uhr Samstag, 29. Oktober, 17 Uhr Sonntag, 30. Oktober, 10.30 Uhr (Montag, 31. Oktober, 10 und 14 Uhr - Schulvorstellungen) Solisten, Chor und Orchester der Liechtensteinischen Musikschule Regie: Christine 
Seghezzi Musikalische Leitung: Klaus Beck.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.