FREITAG, 21. OKTOBER 2005
^1 LANDTAG
5 LANDTAG IN KÜRZE Neue Übergangsbestimmungen betreffend Elternurlaub VADUZ - Der Landtag hat gestern einhellig Abänderungen der Bestimmungen betreffend den Rechtsanspruch auf Elternurlaub be schlossen. Liechtenstein hat seit Anfang 2(X)4 den An spruch auf Elternurlaub gesetzlich verankert (drei Monate unbezahlten Elternurlaub). Da mit wurde eine EU-Richtlinie umgesetzt. Die dabei in Liechtenstein festgeschriebenen Übergangsbestimmungen wurden darauf von der EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) be anstandet. Die Übergangsbestimmungen sa hen vor, dass der Anspruch auf Elternurlaub nur denjenigen Arbeitnehmern zusteht, deren Kinder nach dem 31. Dezember 200? gebo ren worden sind oder deren Kindschaftsver hältnis nach dem genannten Zeitpunkt be gründet worden ist. Die ESA sah in diesen Übergangsbestimmungen eine widerrechtli che Beschränkung. Sie leitete ein formelles Vertragsverletzungsverfahren gegen Liech tenstein ein. Auch gegen andere Länder mit ähnlichen Übergangsbestimmungen wurden Verfahren eingeleitet, so auch gegen Luxem burg. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs passte Luxemburg die Über gangsbestimmungen an. Mit dem Beschluss des Landtags hat nun auch Liechtenstein die Übergangsbestimmungen betreffend Eltern urlaub EU-konform angepasst. Die Bestim mungen lautet nun: Anspruch auf Elternur laub geltend machen können alle Eltern, de ren Kinder im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes (I. Januar 2004) noch nicht drei Jahre alt beziehungsweise im Falles eines Kindschaftsverhältnisses noch nicht fünf Jah re alt waren. Dieser Rechtsanspruch kann bis 31. Dezember 2008, also drei Jahre nach In krafttreten der Gesetzesänderung geltend ge macht werden. Im Landtag bemerkten mehrere Abgeord nete, dass in Liechtenstein nur eine minimale Elternurlaublösung, eine «halbherzige» um gesetzt sei. Für einige geht der jetzige An spruch auf drei Monate Elternurlaub zu wenig weit. Nach Ansicht von Claudia Fleeb-Fleck (FL) kann der momentane Elternurlaubsan spruch keine lamilienpolitische Wirkung ent falten. ' (mr) VORTRAG Welches Essen macht unsere Kinder stark? RUGGELL - Vortrag von Margot Sele, Er nährungsberaterin TCM aus Vaduz. Eltern wissen ziemlich genau - oder glauben es zu mindest zu wissen - was gesund ist für ihre Kinder: viel Gemüse, Obst usw. Was aber, wenn ein Kind das nicht mag? Wie schafft man den Spagat zwischen Ideal und Realität? Was sollen die Kinder essen, damit sie sich besser konzentrieren können und nicht so schnell müde werden? Was heisst gesunde Er nährung aus der Sicht der chinesischen Medi zin? Diese Fragen werden durch Margot Sele am Dienstag, 25. Oktober um 19.30 Uhr in der Aula der Primarschule Ruggell beantwor tet. Das Eltern-Forum Ruggell führte im Sep tember 2005 das Projekt «Gesunde Pausen verpflegung» durch. Im Anschluss daran ha ben die Primarschule Ruggell und das Eltern- Forum Ruggell mit Frau Margot Sele eine kompetente Referentin gefunden, welche mit einem interessanten Vortrag diese Aktion ab rundet. Margot Sele ist selbst zweifache Mut ter und ehemalige Primarlehrerin. Die Primarschule Ruggell unterstützt in be dankenswerter Weise diese Veranstaltung und die Gemeinde Ruggell lädt im Anschluss dar an noch zu einem kleinen Apero ein. Das El tern-Forum Ruggell freut sich auf zahlreiches Erscheinen. (PD)
Minimallösung genügt Teilrevision des Gesetzes über die Information und Mitsprache von Arbeitnehmer VADUZ - Unterschiedlich wurde gestern die Umsetzung einer EU-Richtlinie im Mitwirkungs gesetz bewertet. Die Richtlinie regelt die Information und An hörung von Arbeitern in Unter nehmen. »Martin Bl«c h Im Jahre 1997 wurde in Liechten stein das Gesetz über die Informa tion und Mitsprache der Arbeitneh merschaft in den Betrieben, das so genannte Mitwirkungsgesetz, ge schaffen. Mit dem Mitwirkungsge setz wurde ein Rahmengesetz er lassen. Es regelt die durch das EWR-Abkommen erforderlichen Rahmenbedingungen zur Mitwir kung der Arbeitnehmer. Liechten stein verzichtete dabei darauf, die Information und Mitwirkung der Arbeitnehmervertretung detailliert im Gesetz zu regeln. «Die Sozial partner sollten das Mitwirkungsge setz möglichst frei umsetzen kön nen». wie es der FBP-Abgeordnete Alois Beck gestern umschrieb. Eine EU-Richtlinie aus dem Jah re 2002 gibt die Themen, bei wel chen die Unterrichtung und Anhö rung durchgeführt werden muss, umfassender und detaillierter vor. Das Mitwirkungsgesetz und die diesbezügliche EU-Richtlinie zie len dabei auf die Stärkung des sozi alen Dialogs und die Schaffung ei nes Klimas des Vertrauens im Unternehmen ab. Für Liechtenstein besteht Anpassungsbedarf. Infopflicht gegenüber Arbattnehmervertretung Die EU-Richtlinie sieht vor, dass eine Arbeitnehmerschaft Anspruch auf eine Vertretung aus ihrer Mitte hat, wenn der Betrieb mindestens 50 Arbeiter beschäftigt (Schwellen wert). Das Gleiche gilt ab 20 Be schäftigten, wenn der Betrieb
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Beck (FBP): In Liechtenstein betrachten Unternehmen ihre Mitar beiter in aller Regel als Partner. nem Unternehmen zuzurechnen und gleichzeitig ein eigenes Steuer subjekt ist. Dabei gilt es zu beach ten, dass eine Vertretung bestellt werden kann, aber nicht muss. Die Mitwirkung der Arbeitnehmerver tretung umfasst gemäss Richtlinie das Recht auf Unterrichtung und Anhörung. Es wird auch festge schrieben, über was ein Unterneh men die Arbeitnehmervertretung zu informieren hat. In Betrieben, die den Schwellen wert nicht erreichen, steht den Ar beitnehmern nur ein Teil der Infor mationen des Betriebes direkt zu. «Eine Selbstverständlichkeit» Eintreten auf die Regierungsvor lage war gestern im Landtag kein Thema. Die Debatte jedoch wurde für kurze Momente dann doch fast emotional.
Der Grossteil der Voten sprach sich für die vorliegende Regierungs vorlage aus, die nur die Mindestvor- schriften der EU-Richtlinie im Mit wirkungsgesetz vorsieht. «Dies ent spricht den liechtensteinischen Ge pflogenheiten, die sich klar bewährt haben», hielt Alois Beck fest. Der Landtagsvizepräsident Ivo Klein (VU) fasste sich kurz: «Ich unter stütze ausdrücklich das Vorgehen der Regierung.» Alles andere wäre für Liechtenstein unwirtschaftlich und untypisch. Auch Markus Büchel (FBP) votierte entsprechend. Je mehr in einem Unternehmen die Ar beiterschaft informiert werde, umso besser gehe es ihr. «Das ist ei ne Selbstverständlichkeit.» Büchel zeichnete ein Bild: Wer ein Gesetz nehme und in die Wüste gehe, der schaffe keine Arbeitsplätze, auch wenn er mehr Gesetze schaffe.
Wenn man in einer Oase aber mehr unnütze Gesetze schaffe, dann schaffe man eine Wüste. Auch VU-Fraktionssprecherin Doris Beck stimmte den Vorred nern zu. Die Frage müsse lauten: «Was muss sein, was kann sein?» Mehr Reglementierung gefordert Diese Voten waren gegen jene Stimmen im Landtag gerichtet, de nen die Umsetzung der EU-Richtli nie in der Regierungsvorlage zu wenig weit gehen. Claudia Heeb-Fleck (FL) meinte, dass es sich dabei wieder nur um eine Minimallösung handle. Ihrer Ansicht nach besteht keine Ge währ, dass die Arbeitnehmerschaft informiert wird, weil die Unterneh men nicht dazu verpflichtet wür den, Arbeitnehmervertretungen zu gründen. Die Betriebe seien nur zur Duldung verpflichtet. Weiters mo nierte sie einen ungenügenden Kündigungsschutz für Arbeitneh mervertreter. Auch die Abgeordnete Marlies Amann-Marxer (VU) stösst sich daran, dass die Unternehmen nur zur Duldung verpflichtet würden. Sie beantragte für die zweite Le sung eine Ergänzung dahin gehend, dass die Erreichung des Schwellen wertes von 50 (20) Beschäftigten den Mitarbeitern vom Betrieb zu melden wäre. Zu den Forderung nach mehr Re glementierung erklärte Landtagsvi ze Ivo Klein, «das mag in Deutsch land richtig sein, bei uns nicht». Wirtschaftsminister Klaus Tschütscher betonte, dass man mit den Ergänzungen im Mitwirkungs gesetz kein neues Gesetz schaffen werde, aber man einen Schritt vor wärts mache. Das Arbeitsrecht baue auf Sozialpartnerschaft auf. Es dürfe nicht sein, dass die Wahr nehmung von Rechten verordnet werde. Gleichbehandlung von Teil- und Vollzeit EU-Richtlinien bedingen Änderungen des Arbeitsvertragsrechts Grossraum ca. 50 ntf In
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VADUZ - Der Landtag befasste sich gestern Nachmittag in 1. Lesung mit der Umsetzung zweier EU-Richtlinien, die Ände rungen des Allgemeinen Bür gerlichen Gesetzbuches (AB6B) bedingt. Diskussionspunkt war unter anderem, inwieweit die Richtlinien umzusetzen sind. »Martin Blic h Der Übernahme der beiden Richtli nien hatte der Landtag vor sieben beziehungsweise fünf Jahren schon einhellig zugestimmt. Man war der Ansicht, dass die Bestimmungen der Richtlinien mit den damals be stehenden Gesetzen umgesetzt seien. Dies wurde im Jahre 2001 der EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) auch so gemeldet, wie es im Bericht und Antrag der Regierung heisst. Die ESA vertrat eine andere Ansicht, weshalb sich der Landtag gestern mit dem Bericht und Antrag zur Umsetzung zu befassen hatte. Die EU-Richtlinien Kerninhalt der beiden EU-Richt- linien ist der Grundsatz der Nicht diskriminierung von Teilzeitange- stellten sowie der Verhinderung von Missbrauch durch aufeinander folgende, befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse (Kettenvertrag). Weiters soll die Teilzeitarbeit gefördert werden, bei
Wendelin Lantpert (FBP): Bin fiir eine minimale Umsetzung der Richtlinien. einem Wechsel von Voll- zu Teil zeitarbeit soll ein Kündigungs schutz gewährleistet werden, und es soll über Teilzeit- und Vollzeit- stellen im Betrieb informiert wer den. Kern der Eintretensdebatte Kern der Eintretensdebatte war gestern, inwieweit die EU-Richtli- nien umgesetzt werden sollen.
Wendelin Lampert (FBP) sprach sich für eine minimale Umsetzung aus, «damit der Wirtschaft ein möglichst grosser Spielraum für unternehmerische Entscheide bleibt». Damit bleibe die Konkur renzfähigkeit der Betriebe gewähr leistet, was letztlich dem Staat und sämtlichen Arbeitnehmern zugute komme. Ebenso plädierte Markus Büchel (FBP) und Franz Heeb
(FBP) dafür, vorhandenen Spiel raum auszunützen. Grundsätzlich begrüsste Büchel die Stossrichtung der EU-Richtli nien. Doch die liechtensteinischen Unternehmen würden auch ohne gesetzliche Bestimmungen etwas für die Arbeiterschaft tun. «Gleich stellung und Nichtdiskriminierung haben sich die Unternehmen längst in ihre Bücher geschrieben.» Konträr dazu äusserte sich etwa Paul Vogt (FL). Er forderte mehr Enthusiasmus bei der Übernahme von EU-Richtlinien. «Diese Vor schriften sind keine enorme Belas tung für unsere Wirtschaft.» Partei kollegin Claudia Fleeb-FIeck unter stützte den Abgeordneten Vogt. Sie sprach sich gegen eine Minimal lösung aus. Ihrer Ansicht nach ist noch nicht genug reglementiert. So würden Teilzeitarbeitskräfte in hö heren Kadern immer noch diskri miniert. Wirtschaftsminister Klaus Tschütscher sprach sich in der Dis kussion grundsätzlich für eine mi nimale Übernahme von EU-Richt- linien aus. Im Übrigen sei es nicht zielführend, alles gesetzlich zu re geln. Das liechtensteinische ABGB orientiert sich am schweizerischen Arbeitsvertragsrecht. «Ich warne, dass wir uns langsam zu weit vom schweizerischen Arbeitsrecht ent fernen», so Regierungsrat Tschüt scher.