12 I FINANZEN jf Kaufen oder verkaufen - das ist hier die Frage. Die deutschen Börsenplätze - wie hier in Frankfurt - verheißen gute Gewinnchancen. Börsianer schwören auf den Dax Deutsche Aktien gelten im internationalen Vergleich als unterbewertet - und heizen deshalb die Phantasien von Anlegern in aller Welt an. Drei gute Gründe nennen Frankfurter Börsianer, wenn sie gefragt werden, warum Anleger deutsche Aktien ha ben sollten: „Gute Unternehmensge winne", „Nachholbedarf" und „Man gel an Alternativen". Während in der Politik von Reformstau die Rede ist, haben sich die Unternehmen fit ge macht. Das Zücken des Rotstifts war allem Anschein nach effektiv. Die Sparmaßnahmen trugen in den ersten beiden
Quartalen des Jahres 2005 Früchte. Für das zweite Halbjahr rech nen Experten zwar mit einer rückläu figen Dynamik der Unternehmensge winne, doch sollen die Erträge im merhin weiter steigen. Viel schwerer wiegt aber das Argument „Nachhol bedarf". „Deutsche Aktien gelten im internationalen Vergleich als unterbe wertet",
erklärt Fidel Helmer, Chef händler der Bank Hauck & Aufhäuser. Zum einen locke dabei die klassische
Bewertung. Mit einem Kurs-Gewinn- Verhältnis (KGV) von 13,2 gelten die Dax-Werte im internationalen Ver gleich als günstig. Außerdem haben sich die führenden Indizes anderer Börsenplätze in der jüngeren Vergan genheit deutlich besser entwickelt als der Dax. Vor fünf Jahren waren an den internationalen Finanzplätzen Speku lationsblasen geplatzt. • Doppelte Gewinnchancen Inzwischen aber ist der Dow Jones nur noch zwei Prozent von den Ständen des September 2000 entfernt. Der Wiener ATX erklimmt ein „Allzeit hoch" nach dem anderen, während der britische FTSE einen Rückstand von 15 Prozent abarbeiten muss. Der Dax dagegen hängt um 29 Prozent zurück und hat damit die im März 2000 erzielten Höchststände noch
lange nicht erreicht. Dieses Argument hat zu Jahresbeginn viele ausländi sche Anleger für deutsche Aktien be geistert. Vor allem US-Investoren spe kulierten
auf die doppelte Gewinn chance. Sie setzten zum einen auf steigende Kurse und zum anderen auf einen steigenden Dollar. Und sie be hielten bislang Recht. Verstärkt wur de diese Entwicklung durch die Ankündigung von Neuwahlen zum Bundestag. Bis zur Wahl legte der Dax schließlich um 14 Prozent zu. Und auch wenn das Ergebnis am 18. Sep tember nicht unbedingt den Erwar tungen der Börse entsprach, nahmen es die Marktakteure unterm Strich ge lassen. „Wir sprechen heute darüber, wir sprechen morgen darüber, aber am Ende gehen wir zur Tagesordnung über", sagt der Aktienhändler Tobias Belger. Bei aller politischen Diskussi on in Deutschland wird gern übersehen,
dass die börsennotierten Unter nehmen ganz anders denken. „Die deutschen Konzerne brauchen Deutschland nicht mehr", urteilt un ter anderen der Chefvolkswirt der De ka Bank, Ulrich Kater. Das würde auch erklären, warum sich deutsche Aktien und die
deutsche Wirtschaft nicht im Takt bewegen. • Extrem niedrige Zinsen Zudem kommt deutschen Aktien der zeit zugute, was alle Börsenplätze des Euroraums beflügelt: Die Zinsen sind extrem niedrig. Anleihen mit zehn jähriger Laufzeit werfen momentan weniger als drei Prozent ab. „Die Rentenmärkte sind ausgelutscht", sagt Robert Halver, Vontobel Asset Management. Damit bleiben rendi teorientierten Anlegern wenig Alter nativen.