Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

MONTAG, 10. OKTOBER 2005 
XÖÄr ISPORT 
12 KOMMENTAR Portugal! Eine Weltklassemannschaft! Dass man zum Schluss der Qualifikationsrunde zur WM 2006 in Deutschland eine weitere Sensa­ tion nur um wenige Minuten verpasste, be­ trübte die Gesichter von Liechtensteins Elite- Kickern nicht allzu lange. Natürlich hätten sie sich 
gerne mit einer weiteren Sensation aus diesem Bewerb verabschiedet. Doch bleiben wir bitte auf dem Boden: Acht Punkte aus 12 Spielen, 13 erzielte Tore bei 23 Gegentreffern - das hat es noch nie gegeben und wird so leicht wohl nicht mehr zu toppen sein. Seien wir also zufrieden mit der Leistung unserer Jungs und rufen ihnen ein ehrliches Bravo zu! Ein ehrliches Bravo Trainer Martin Andermatt, der zweifellos einen ordentlichen Teil zu diesem Erfolg bei­ getragen hat, hatte bereits nach der Auslosung von acht Punkten gesprochen und wurde da­ bei von so manchem vorsichtig belächelt. Klar hat kein ernstzunehmender Fussballex­ perte damit gerechnet, dass Liechtenstein ausgerechnet Topfavorit Portugal beim Heim­ spiel im Oktober 2Ö04 ein 2:2 abknöpft. Auch der klare 4:0-Sieg in Luxemburg wurde zwar erhofft, konnte aber nicht fix eingeplant wer­ den und nach der 0:7-Auswärtspleite gegen die Slowakei haben auch nur richtige Zocker auf ein Remis beim Rückspiel gewettet. Das 3:0 beim Heimspiel gegen das Grossherzog­ tum, bei dem man erstmals selbst Favorit war, erfüllte dann Andermatts Zielsetzung. Dabei hätte es noch besser kommen können: In Lett­ land, vermutlich mit der bisher besten Aus­ wärtsleistung einer Liechtensteiner National­ mannschaft überhaupt, war man klar spielbe­ stimmend und hätte sich zumindest einen Punkt verdient. Aber wie bereits erwähnt - bleiben wir am Boden und sind zufrieden mit dem Erreichten, denn es hat auch Partien ge­ geben, man 
erinnere sich nur an das Match in Moskau, wo man mit der 0:2-Niederlage mehr als gut bedient war. Mit den Leistungen der LFV-Auswahl konnte einmal mehr der Zuschauerzuspruch nicht schritthalten. Natürlich sind Teams wie Estland, Lettland oder auch die Slowakei kei­ ne grossen Namen im Fussballgeschäft, doch es wäre schön, wenn die Liechtensteiner wegen «ihrer» Mannschaft den Weg ins Rheinpark-Stadion finden würden. Vielleicht sollte sich diesbezüglich auch der Verband einmal hinterfragen, was man ändern sollte, wie man das Umfeld attraktiver gestalten kann. Möglicherweise sind für solche Spiele aber einfach nur die Preise zu hoch? Zu hören bekommt man es zumindest öfters. Nun dürfen wir mit Spannung dem nächs­ ten Qualifikationsturnier entgegenfiebern. Hoffen wir auf eine Auslosung mit reizvollen Gegnern, auf eine Bestätigung der zuletzt ge­ zeigten sportlichen Leistung, auf noch mehr Durchschlagskraft vor dem Gehäuse des Geg­ ners und viel mehr Heimpublikum. Dann können wir uns heute schon die Hände reiben. Denn im Fussball heisst es ja: Alles ist mög­ lich! Heinz Zöchbauer WM-QUALI - GRUPPE 3 GfMMJbAÄSflMtaiakilM ' • Trm Vi T"'"m »w- 
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«Ideal war es noch nicht» Martin Andermatt über die WM-Qualifikation und seine Zukunft als LFV-Trainer AVEIRO - Für Liechtenstein ist mit dem Länderspiel gegen Por­ tugal die beste Qualifikations­ runde für ein grosses Turnier zu Ende gegangen. Massgeblich am Erfolg beteiligt war Martin Andermatt. Doch der National- tralner gibt sich mit dem Er­ reichten nicht zufrieden und möchte noch welter hinaus. * Hrtm Zödibiwr, Awlr o Volksblatt: Herr Andermatt, bei der Auslosung zu dieser WM- Qualifikationsrunde haben Sie von acht bis neun möglichen Punkten gesprochen. Ist diese Ausscheidung also komplett nach Wunsch gelaufen? Martin Andermatt: Wenn ich diese Qualifikation betrachte, hätten wir mehr 
als acht Punkte holen kön­ nen. Wobei dies von vornherein zu fordern, wäre wohl vermessen ge­ wesen, da wir bis anhin noch nie Punkte geholt haben. Dies zeigt aber auch, dass in dieser Qualifikation ei­ niges gelaufen ist und rein von der Zielsetzung ist es hervorragend, dass wir das erreicht haben. Ideal war es aber dennoch nicht, ich stelle mir immer noch bessere Sachen vor. Die Mannschaft hat gesehen, dass sie die Möglichkeit hat, auch gegen einen Grossen zu bestehen Sie meinen also, dass wir noch nicht das Optimum erreicht ha­ ben. Wo sehen Sie noch Entwick­ lungspotenzial? Ein Beispiel: Am Anfang hatten wir Mühe, 16, 17 gleichwertige Spieler einzuberufen. Mittlerweile haben wir bereits 20 in unserem Stamm. Ich sehe auch noch ein, zwei junge, die noch im Umfeld sind. Wir müssen aber noch im kör­ perlichen Bereich resistenter wer­ den. Die acht Punkte sind ja schön und gut, aber nun wollen wir ein­ mal versuchen, dass wir auch einen Grossen schlagen. Welcher unserer Spieler hat wäh­ rend Ihrer Amtszeit die grössten Fortschritte gemacht? 
Martin Andermatt, hier im Gespräch mit Portugals Trainer Felipe Scolari, sieht noch Verb esse rungspotenzial. Einzelne Spieler zu nennen ist schwierig. Für mich ist der Team­ gedanke entscheidend und darauf habe ich nicht nur auf dem Platz sondern auch um diesen geachtet. Angefangen vom Ärzte-, Physio-, Trainerteam bis zum Materialvcr- antwortlichen habe ich geschaut, dass es stimmt. Wenn etwas nicht gepasst hat, haben wir das ange­ sprochen und versucht, dass wir uns weiterentwickeln. Welches war für Sie unser bestes und welches unser schlechtestes WM-Ausscheidungsspiel? Da gab es Schlüsselerlebnisse wie das Heimspiel gegen Portugal, das mental einiges ausgelöst hat. Die Mannschaft hat gesehen, dass sie die Möglichkeit hat, Punkte zu holen und auch gegen einen Gros­ sen zu bestehen. Vom Fussballeri­ schen her sind wir in Lettland am reifsten aufgetreten. Weniger gut war die Partie in der Slowakei, wo. wir die vielen Absenzen nicht ver­ kraften konnten. Auch die Art, wie wir dort aufgetreten sind, hat mir nicht gefallen. Würden Sie sich wünschen, dass das Rheinpark-Stadion nicht nur ausverkauft ist wenn Mannschaf­ ten wie Portugal, Spanien, Eng­land, 
usw. unsere Gäste sind und die Fans auch wegen «Ihrer» ei­ genen Nationalmannschaft ins Stadion kommen? Natürlich. Man muss aber die Realität in den Vordergrund stellen: Der Erfolg unseres Team ist noch relativ jung und so muss die emo­ tionelle Freude erst wachsen. Bei uns ist ein Länderspiel noch kein gesellschaftliches Ereignis. Wir sind nicht der Meinung, dass Liech­ tenstein der Nabel der Fussballwelt ist Wird die international hoch ge­ schätzte Leistung unserer Natio­ nalmannschaft national nicht hoch genug gewürdigt? Menschen, die selbst schon lange mit dem Fussball zu tun haben, an­ erkennen unsere Leistung und res­ pektieren diese. Wir sind nicht der Meinung, dass Liechtenstein der Nabel der Fussballwelt ist, aber am Samstag haben wir zahlenmässig vor dem fast ganzen Land Liech­ tenstein gespielt und von diesen Fans wurde uns Respekt entgegen­ gebracht. Dies zeigt doch, dass wir 
eine gute Leistung abgeliefert ha­ ben - Portugal musste sich qualifi­ zieren und hat sicherlich sein ganzes Potenzial abgerufen. Mit diesem Spiel ist praktisch Ihr Arbeitsvertrag mit dem LFV ausgelaufen, beide Seiten haben signalisiert an einer weiteren Zu­ sammenarbeit Interesse zu ha­ ben, wie weit sind nun die laufen­ den Gespräche? Grundsätzlich kann ich mir vor­ stellen, dass ich weiterhin Liech­ tensteiner Nationaltrainer bleibe. Es sind aber einige Teilpunkte noch nicht geklärt und solange diese of­ fen sind, ist noch nichts unter Dach und Fach. Das heisst aber nicht, dass ich mich an Kleinigkeiten hän­ ge. Ich will einfach, dass unser Weg weiter nach vorne geht und der Ge­ samtvorstand des Fussballverban- des die Situation aufzeigt, wie er die sieht und wie ich neben dem Nationaltrainer noch Aufgaben und Funktionen 
ausüben kann. Daher habe ich bereits im Vorfeld gesagt, dass ich grundsätzlich schon eine Entscheidung getroffen habe und da sehe ich den Fussball im Zen­ trum und- diesen möchte ich in Liechtenstein weiterbringen. Dies geht jedoch nicht mit einem Ama­ teurdenken. Ein Schaudern ging durch Portugal Pressestimmen in Portugal nach dem Spiel gegen Liechtenstein AVEIRO - Dank eines erzitterten Sieges gegen ein kompakt agierendes FL-Team und einem «Skandal-Schiri» qualifizierte sich Portugal für die WM 2006 in Deutschland. Die portugiesi­ sche Presse reagierte auf den Zittersieg relativ gelassen. • FaMaCwtw Die Hauptschuld am «Beinahe- Desaster» gegen Liechtenstein trug für die portugiesische Presse vor allem der Schiedsrichter. Mit sei­ nen unglücklichen Entscheidungen machte er die Sache für die Portu­ giesen nicht leichter. «Portugal feiert. Doch zur Halbzeit zitterte die ganze Nation. Fischer und der Schiedsrichter hatten sich gegen Portugal verschworen und Scolaris Mannen 
zeigten ein Trauerspiel. Pauleta und Nuno Gomes trafen zum erlösenden 2:1-Sieg», hiess es im «Diario de Noticias». «Uff! Wir gehen an die WM. Das ist logisch 
Portugal (Pauleta) wäre beinahe erneut über Liechtenstein gestolpert. und richtig. Doch was für ein Schaudern beim 1:0 für Liechten­ stein. Wir sind durch. Das ist im Moment alles, was zählt», holt das Tagblatt «Correio da Manhä» nach dem Spiel erstmal tief Luft. Kurz und bündig war die Schlagzeile der wohl bekanntesten Sportzeitung von Portugal, «A Bola», die es mit 
dem Zitat «Portugal zittert sich ge­ gen Liechtenstein an die WM» auf den Punkt brachte. Angstgegner Liechtenstein Erstaunlicherweise blieb harr- sche Kritik für das Scolari-Team aus. Den Grund für die dürftige Leistung der Portugiesen sah auch 
die «Portugal Post» beim Schieds­ richter. «Ein Skandal-Schiri ärgert ganz Portugal. Pauleta und Nuno Gomes machen die WM-Träume trotzdem wahr», feiert die «Post» den 2:1-Sieg und die Qualifikation zur WM 2006 in Deutschland. Die richtige Hierarchie Einzig die Tageszeitung «Lusa» sparte nicht mit Kritik an die Adres­ se des Scolari-Teams. «Wieder jagt uns Liechtenstein Angst ein. Fi­ scherstellt mit seinem 1:0 die Fuss­ ballwelt auf den Kopf und das gros­ se Portugal ist erst im Finish im­ stande, für die richtige Hierarchie zu sorgen.» Zu reden gab freilich auch die Leistung des Schiris, doch die Entstehungsgeschichte zum 1:0 und der vergeigte Elfer von Figo ernteten viel Kopfschütteln. Ins gleiche Horn blies die Tageszeitung «Publico». Diese sah eine unwürdi­ ge Leistung des Scolari-Teams. «An die WM 2006 ohne zu über­ zeugen», lautete die Schlagzeile. i
	        

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