Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

DONNERSTAG, Ii. SEPTEMBER 2005 
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3 GASPREISBINDUNG HALTBAR? Forderungen für Beendigung dar ÖHGasprelsblndung BERLIN - In Deutschland erhitzen sich die Gemüter an den steigenden Heizkosten, die für den kommenden Winter erwartet werden. Zu den vom Bund der Energieverbraucher erwarteten Gaspreiserhöhungen wuchs der Wunsch aus den politischen Reihen, dass die seit Jahrzehnten bestehende Öl-/Gaspreis- bindung endlich fallen müsse. «Ich fordere die betreffenden Energieunternehmen auf, die vertraglichen Vereinbarungen aus den fünfziger Jahren, als das Gas durch die öl- preisbindung in den Markt eingeführt wer­ den sollte, endlich ohne Wenn und Aber auf­ zukündigen», sagte beipielsweise eine FDP- Politikerin. Unterstützung für diese Forderung erhielt sie anlässlich der Anhörung des Deutschen Bundestages zur Regulierung des Gasmarktes vom Chef des deutschen Bundeskartellamtes, Ulf Böge. Die Argumentation einer Gaspreis­ erhöhung aufgrund der gestiegenen ölpreise seien abenteuerlich. Es sei hohe Zeit für ein Ende der Öl-/Gaspreisbindung. (pk) Gaspreisbindung als moderne Wegelagerel? BERLIN - Deutsche Verbraucherschützer beklagen fehlenden Wettbewerb im Energie­ markt. Deutsche Privatkunden müssen bei­ spielsweise umgerechnet knapp 40 Milliar­ den Franken mehr als im Voijahr für Energie­ rechnungen zahlen. Ein Grossteil dieses Gel­ des sei auf Spekulation und Preistreiberei der Unternehmen zurückzuführen und basiere nicht auf höheren Rohstoffpreisen. Die Verbraucherschützer haben den grossen Energiekonzernen vorgeworfen, mit überhöh­ ten Preisen gewaltige Gewinne zu Lasten der privaten Kunden zu erzielen. Der enorme Ver­ lust an privater Kaufkraft würde der wirt­ schaftliche Aufschwung in Deutschland zu­ dem hemmen. Dringend nötig sei die Abschaffung der Gaspreisbindung an den Ölmarkt. Bisher fol­ gen die Gaspreise der Entwicklung der Öl­ preise in einem Abstand von etwa einem hal­ ben Jahr. So wurde die Ankündigung des Bundeskartellamtes begrüsst, noch in diesem Monat ein klares Signal zur Beendigung der langfristigen Gaslieferverträge zu setzen. Auf dem Strom- und Gasmarkt müsste es zudem klare, transparente Regelungen für die Durch­ leitungsentgelte geben. (pk) Gasbranche: Nicht alle wollen Wettbewerb DÜSSELDORF - Die Bemühungen des deutschen Bundeskartellamtes um eine Bele­ bung des Wettbewerbs auf dem deutschen Gasmarkt sind bei den Lieferanten auf ein unterschiedliches Echo gestossen. Einzelne Unternehmen begrüssten die Initiative zur Änderung der langfristigen Verträge zwi­ schen Gasimporteuren und Versorgem, wäh­ rend andere wiederum Vorbehalte zu den Vor­ schlägen der Bonner Behörde bekundeten. Deren Präsident Ulf Böge hat den Femgasge­ sellschaften eine Woche Zeit gegeben, das Modell anzunehmen. Andernfalls müssten sie damit rechnen, ihre Lieferbedingungen unter­ sagt zu bekommen. Ein Unternehmen erklärte, der Vorstoss des Kaitellamtes sei ein positiver Anstoss fiir den Wettbewerb und eröffne auch ihr selbst Chan­ cen. Die Gesellschaft sieht eine «missbräuchli- che Marktabschottung» und will versuchen, sie gemeinsam mit den Wettbewerbshütem aufzubrechen. Deswegen habe man der Behör­ de die Bereitschaft signalisiert, an einer einver­ nehmlichen Lösung mitzuwirken. (pk/PD) 
Gasprgis heizt sich am Olpreis auf Der Schein trügt: Dar Erdgaaprais iet an dan ölprala gabundan SCHAAN - SMgMNl« fttprais« brtngan ftashatm nlcirt aus dar Ruhe, malnt man algantllcfi. Doch dar Sdiain trügt. Dia ha­ ben Elnkauflpralta für ErdffJ wlrton auch als Kestantraibar für Erdgaskansumsntan. Dia Pratsa sind analnandar gakap- patt. Roland Risch, Ba sch if ta filhrer dar Basvarsorgung, ar- klärt dan Zusammenhang. J 
Volksblatt: Herr Risch, seit den 50er-Jahren besteht eine Koppe­ lung der Preise von Erdgas und öl. Warum besteht diese Erdgas- Preisbindung, zumal es sich doch um zwei verschiedene fossile Brennstoffe und Energieträger handelt? Roland Risch: Zum Thema Preisbindung ist ein Blick in die Vergangenheit notwendig: Vor etwa 50 Jahren wurde in den Niederlan­ den eines der grössten Erdgasfelder gefunden. Dieser Fund ermöglichte für Europa erstmals eine überregio­ nale Erdgasversorgung zu verwirk­ lichen. Als neuer Energieträger musste sich Erdgas zuerst einmal gegenüber Erdöl und der damals günstigen Steinkohle behaupten. Ein neuer Erdgasmarkt musste er­ schlossen werden. Dazu waren lan­ ge Hochdruck-Transportnetze und Niederdruck-Verteilnetze zu den Verbrauchern notwendig. Schutzschiid gegen Preiswillkür Erdgas ist eine substituierbare Energie, die im Wärmemarkt heute hauptsächlich im Wettbewerb zu Heizöl steht. Um Erdgas wettbe­ werbsfähig vermarkten zu können, wurde die Ölpreisbindung einge­ führt. Um eine sichere Erdgasver­ sorgung im internationalen Rah­ men gewährleisten zu können, wa­ ren langfristige Lieferverträge wegen der enormen Investitionen für die Hochdrucknetze notwendig. Damit war gewährleistet, dass Erd­ gas, zu jeder Zeit zur Konkurrenz­ energie Heizöl, am Markt wettbe­ werbsfähig ist. Zudem war und ist auch heute noch die Ölpreisbin­ dung ein Schutzschild gegen eine Preiswillkür der Produzenten. Mit den derzeit hohen Energie­ preisen flammt international die Diskussion um diese Erd­ gaspreisbindung wieder auf. Wie ist Ihrer Ansicht nach die­ se Preisbindung überhaupt noch vernünftig zu rechtferti­ gen? Die Diskussion ist nicht zum ers­ ten Mal entbrannt. Immer wenn Erdölpreise sehr niedrig oder sehr hoch sind, ist diese Diskussion ent­ standen. Das letzte Mal vor rund sieben Jahren. Damals waren die Erdöl- und damit auch die Erdgas­ preise sehr niedrig und da forderten die Produzenten eine Entkoppe* lung, weil sie die Erdgaspreise an­ heben wollten. Oft identische Produzenten Die Bindung des Erdgaspreises an Erdöl wurde eben wegen der 
Ratend Risch. fiatcfeflftsfiilirw dir BawarsaraaM In Uadrisastain: dW wiM« Erdgas langfristig taarar imchtn. Wettbewerbsfähigkeit gewählt. Man muss sich bewusst sein, dass wenn diese Bindung nicht bestün­ de, unter Umständen mit einem noch höheren Erdgaspreis zu rech­ nen wäre. Die besonders im Hin­ blick auf die Umweltsituation wert­ vollere 
Energie Erdgas - die Schadstoffemissionen bei Erdgas­ feuerungen sind niedriger als bei Heizöl - würde sicherlich nicht günstiger gehandelt und verkauft werden als Erdöl. Auch ist in diesem Zusammen­ hang zu berücksichtigen, dass wir in Europa eine sehr hohe Importab­ hängigkeit, sowohl bei Heizöl als auch beim Erdgas, haben. Auf der Produzentenseite sind die wesent­ lichen Erdgas- und ölproduzenten identisch. Zum Teil kommen Erd­ gas und Erdöl aus denselben Fel­ dern. Für diese Produzenten ist die ölpreisbindung ein Vermarktungs­ instrument, für die Verbraucher das oben erwähnte Schutzschild. Könnte es in naher Zukunft zu einer Entkoppelung dieser Preise kommen und wie stehen Sie ei­ nem solchen Szenario entgegen? Wegen diesem vorstehend ge­ nannten Verhältnis ist nicht damit zu rechnen, dass die ölpreisbin­ dung kurzfristig aufgegeben wird. In welchem Zeitrahmen wäre ei­ ne Entkoppelung realistisch durchsetzbar und wer müsste da- für die Initiative ergreifen? Die Lösung von der Bindung zum Erdöl hätte vermutlich 
langfristig sogar einen Preisanstieg für Erdgas zur Folge. Gründe dafür sind die geringere Umweltgefähr­ dung und die bessere Wettbewerbs­ fähigkeit als hochwertiger Energie­ träger. • Welche Chancen hätte Erdgas am Markt, wenn die Preise vom öl unabhängig gestaltet werden könnten? Erdgas als ein sehr komfortabler Energieträger ist in der Gesamtbe­ trachtung ein wirtschaftlicher Ener­ gieträger. 
Dies zeigt auch die sehr grosse Akzeptanz auf dem Markt, gerade bei uns im Land. Winterölpreis ist Sommergaspreis Platzsparende Energiezentralen, geringste Wartungskosten, saubere unterirdische Transportwege und marktgerechte Preise sind nur eini­ ge Vorteile, die Erdgas mit sich bringt. Wir sprechen mit Recht von einer hochwertigen Energie. Würde sich eine Entkoppelung der Preise nicht positiv flir die Endkunden auswirken? Dies würde sich wie erwähnt län­ gerfristig in einem höheren Erdgas­ preis niederschlagen. Herr Risch, wagen Sie doch einen Bück in die Zukunft Wie wird sich der Erdgaspreii verändern? Gibt es einen internationalen 
Trend und wie sieht es in Liech­ tenstein aus? Die Erdgaspreise werden mit ei­ ner zeitlichen Verzögerung den Heizölpreisen folgen. Für das 4. Quartal 2005 ist mit einem Anstei­ gen der Erdgaspreise zu rechnen. Unsere letzte Erhöhung der Erdgas­ preise 
wurde auf das 1. Quartal 2005 (also ab Januar 2005) vorge­ nommen. Gaspreis wird steigen Seit Januar bis Ende September 2005 konnten wir die Erdgaspreise konstant halten, dies trotz des mas­ siven ölpieisanstiegs. Im Hinblick auf die gegenwärtigen konstant steigenden Heizölpreise ist aber auch im Verlauf des Jahres 2006 mit einer Erdgaspreissteigerung zu rechnen. Ein grosser Vorteil des Erdgas­ preises ist auch, dass keine ausge­ prägten Spitzen in der Preisgestal­ tung auftreten, da die Erdgaspreise über 6 Monate getnittelt berechnet werden. Das bedeutet konkret, dass für die Erdgaspreisc zum 1. Januar 2006 die Heizölpreise vom Mai bis Oktober 200S massgebend sind und der höhere Erdgaspreis sich vom Verbrauchsschwerpunkt - nämlich im Winter - auf den Som­ merpreis (geringerer Verbrauch) auswirkt. Alles, was in diesem Winter 2005 mit dem ölpreis geschieht, wird sich somit in den Sommer 2006 verlagern.
	        

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