Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

Kultur erlclx-n ( 3 ) 
„Feste sind für alle Menschen etwas 
Unverzichtbares" 
Maskerade, die bekannteste Oper des dänischen Komponisten Carl 
Nielsen, bildet als Oper im Festspielhaus den Auftakt des dies 
jährigen Nieisen-Schwerpunkts. Maskerade-Regisseur und Bregenz- 
intendant David Pountney spricht Im Interview mit Babette Karner von 
der humanistischen Kraft des Felerns und der menschlichen Notwendig 
keit, die richtige Balance zwischen Spaß und Ernst zu finden. 
Konnton Sie ein wenig von der Geschichte und den Charakteren dieser 
Oper erzählen? 
David Pountney: Das Stück, auf 
dem Maskerade basiert, ist eine 
typische Komödie des 18. Jahr 
hunderts, im Grunde eine sehr 
treffende Galerie verschiedens 
ter Menschentypen. Da gibt es 
den Sohn und seinen Diener, 
beides sehr draufgängerische Typen, die 
hingerissen sind von der Idee, einen 
Maskenball zu besuchen. Dieses Vor 
haben verteidigen die beiden mit beina 
he philosophischen Argumenten: Dass 
nämlich ein menschliches Wesen, das 
sein Leben in einem Land wie Dänemark 
mit seinen langen, kargen Wintern voller 
Schnee, Nebel und Dunkelheit fristen 
muss, diese Idee eines „Fests" dringend 
braucht, um „die Dunkelheit zu erhellen". 
Dann ist da natürlich die unvermeidliche 
Vaterfigur, der Patriarch, die traditionelle 
Autorität. Dessen Frau Magdelone 
wünscht sich insgeheim nichts sehnli 
cher, als ebenfalls den Maskenball zu 
besuchen. Weitere Figuren sind Leonora, 
das Mädchen, das der Sohn auf dem 
Maskenball getroffen hat, deren Vater 
Leonard sich ebenfalls heimlich danach 
sehnt, zum Maskenball zu entfliehen. 
Und zu guter Letzt ist da noch eine mys 
teriöse Autoritätsfigur, deren Präsenz 
sich durch die ganze Oper zieht und 
deren Funktion es ist, am Ende des 
Maskenballs als .Korporal Mors" - also 
„Korporal Tod" - zu erscheinen und zu 

sagen: „Nehmt Eure Masken ab, jetzt ist der Moment, in dem alles ans 
Tageslicht kommt." Ich habe diese Figur ein wenig erweitert, so dass sie sich 
nun als eine Art Thema durch die ganze Oper zieht. 
Was für Ideen stecken hinter dieser Oper? 
David Pountney: In Maskerade dreht sich alles um die Tatsache, dass diese 
Idee des „Fests" für alle Menschen etwas Unverzichtbares ist. Am Ende 
besucht sogar der strenge Vater den Maskenball und ertappt sich dabei, 
dass er sich bestens amüsiert. Gleich 
zeitig sind Feste etwas sehr Demo 
kratisches, etwas, das zwischenmensch 
liche Schranken abbaut und Licht und 
Fröhlichkeit in die Leben der Menschen 
bringt. Die Komödie ist erfüllt vom Geiste 
der Aufklärung und Ich finde, dass all 
diese Ideen die Oper Maskerade zu 
einem wundervollen Werk für ein Festival 
machen. Sie spiegeln den Kerngedanken 
der Bregenzer Festspiele wider: Den 
Menschen in Form einer „Kulturparty" 
einen erfrischenden Blick auf neue Ideen 
zu ermöglichen, auf andere Emotionen 
und Gedanken, auf Dinge, die sich völlig 
vom eigenen Alltag unterscheiden. 
Hin und wieder wird die heutige Gesell 
schaft als „Spaßgesellschaft" kritisiert - 
alle wollen sich amüsieren, keiner will 
Verantwortung tragen. Wie sehen Sie 
diese Kritik im Kontext von Maskerade? 
David Pountney: In Maskerade dreht 
sich - entsprechend den Idealen der 
Aufklärung - alles um das rechte Gleich 
gewicht: das richtige Verhältnis zwischen 
Wildheit und Ordnung, zwischen Spaß 
und Ernst, zwischen Freude und Pflicht 
Ich glaube nicht, dass das Werk auch nur 
eine Sekunde lang versucht, eine Orgie 
zu sein. Ganz im Gegenteil: Es wird ver 
mittelt, dass es die Ausgewogenheit ist, 
die unserem Leben gleichzeitig Ernst 
haftigkeit und Eleganz, Leichtigkeit und 
Stetigkeit verleiht. • 
m 
(20. Juli-19.30 Uhr 
llliWhiungH»: 
iwtf 31. Juli, 7. August -11.00 Uhr 
^dO.JuH-14.00 Uhr 
Leitung: Ulf Schirmer 
' trftjtjMlwüng: David Pountney 
ibHd: Johan Engels 
Marie-Jeanne Lecca 
fiijMMDMtgn: Wolfgang Göbbel 
Renato Zanella 
1 ' * ChOfWtung: Vladimir Minin 
y^C^MiluMlon mit dem Royal Opera 
t Covent Garden London 
•/ ■-' A- 
Mterkoruerte 
•ymphonltor 
Schumann: Manfred-Ouvertüre 
SUmUus: Violinkonzert 
'NtMwn: Symphonie Nr. 3 
espansiva 
Benjamin Schmid 
Jennifer O'Loughlln 
f. Adrian Eröd 
„Eine zentrale Figur der 
symphonischen Tradition 

Für Intendant David Pountney stand Carl 
Nieisen, Dänemarks populärster Komponist und 
einer der großen Meister der Symphonie, Zelt 
seines Lebens zu Unrecht Im Schatten von 
Gustav Mahler. Das Programm der Orchester 
konzerte 2005 soll Nielsen nun Ins rechte Licht 
rücken. 
Nicht nur die Oper im Festspielhaus, auch die 
Orchesterkonzerte stehen im Sommer 2005 ganz 
im Zeichen des großen dänischen Komponisten 
Carl Nielsen (1865-1931), dessen Werke sowohl 
im Rahmen der Konzerte mit den Wiener 
Symphonikern, als auch im Rahmen der beiden 
Gastorchester-Matineen zu hören sein werden. 
Zur Aufführung kommen mit den Symphonien 
Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5 vier seiner insgesamt 
sechs Symphonien. 
Ergänzt wird der Nielsen-Schwerpunkt durch 
Werke von Robert Schumann, einem der bedeu 
tendsten Komponisten der deutschen Romantik. 
Schumann war Schriftsteller, Komponist und 
Pianist und entsprach damit ganz dem Bild des 
romantischen Künstlers: Wie es der Geist der 
Romantik forderte, strebte er danach, die 
Künste Literatur und Musik zuein- 
anderzuführen. „Eine neue 
poetische Zeit vorzuberei 
ten und beschleuni 
gen zu helfen", war 
sein erklärtes Ziel. 
Ein großes Augenmerk 
des Orchesterkonzertprogramms 
giltaberauchderMusikSkandinaviens: 
Neben den großen symphonischen 
Kompositionen Carl Nielsens kommen 
auch Werke seines berühmten finnischen 
Zeitgenossen Jean Sibelius zur Aufführung. 
Mit den Orchesterkonzerten wolle er zeigen, so 
Intendant David Pountney, dass Carl Nielsen 
nicht irgendein ausgefallener dänischer Kompo 
nist sei, sondern eine zentrale Figur der sympho 
nischen Tradition, deren Werk eine Art Resümee 
dieser großartigen Kunstform darstelle. Denn 
obwohl es Nielsen gelungen sei, mit seinen 
Symphonien internationalen Ruhm zu erreichen, 
sei der Däne vor allem in Österreich stets im 
Schatten des Komponisten Gustav Mahler gestan 
den, sagt Pountney: „Mit dem Programm der 
Orchesterkonzerte möchte ich Carl Nielsen fest in 
der großartigen Tradition des symphonischen 
Konzerts verankern. Nielsen ist vor allem in 
Österreich nicht sehr bekannt. Ein Grund dafür ist 
natürlich die Tatsache, dass Österreich mit Mahler 
eine der großen symphonischen Figuren des 
20. Jahrhunderts besitzt." 
Diamantene Hochzelt am Bodensee: 
Gratistickets für alle 1946 Geborenen 
Im Sommer 1946 erreichten sie erstmals per 
Sonderzug durch die verschiedenen Besatzungs 
zonen den westlichsten Punkt Österreichs - und 
sind seither vom Festival am Bodensee nicht 
mehr wegzudenken: die Wiener Symphoniker. Sie 
waren von Anbeginn das Festspielorchester und 
sorgen seit 60 Jahren an beinahe allen Spiel 
stätten der Bregenzer Festspiele für den perfek 
ten Klang. Bregenzer Festspiele und Wiener 
Symphoniker möchten gemein 
sam mit ihren Besuchern 
„Diamantene Hochzeit" fei 
ern: Jeder Festspielbesucher, 
der 1946 geboren wurde, er 
hält zusätzlich zu jedem gekauften 
Orchesterkonzert-Ticket ein Gratis 
ticket für ein Orchesterkonzert seiner 
Wahl, um das gemeinsame 60jährige 
Jubiläum gebührend 
feiern zu können. * 
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