BLATT
DIE WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN FÜR LIECHTENSTEIN
FREITAG, 1. JULI 2005
seite 9
Kampfansage
Warum Leica Geosys-
tems sich wegen der
Abwehrschlacht gegen
die «Wikinger» wehrt
und wie. 1
Interview
Was Mario Gassner zu
den neuen Alternativen
auf dem Versicherungs
platz Liechtenstein zu
sagen hat. *| -|
Neue Spitze
Welche Personen ge
stern neu in wichtige
Positionen der Kon
zernleitung der Unaxis
bestellt wurden. 12
Börse
Wie der gestrige Han
del an der Schweizer
Börse verlaufen ist
und wie der SMI ge
schlossen hat. 14
volks
BLATT
NEWS
Helvetic Airways erhöht
Treibstoffzuschlag per 1. Juli
ZÜRICH - Die Tickets der Fluggesellschaft
Helvetic Airways werden teurer. Wegen der
stark gestiegenen Rohöl- und Kerosinpreise
erhöht die Fluggesellschaft den Treibstoffzu
schlag ab morgen Freitag.
Neu müssen pro Flug und Person 12 Euro
mehr bezahlt werden, wie Helvetic Airways
am Donnerstag mitteilte. Der Preis für Rohöl
und Kerosin, der in den letzten Tagen und
Wochen stark gestiegen ist und einen neuen
Höchststand erreicht hat, mache diese An
passung unumgänglich, hiess es in einer Me-
dienmitteilung. (sda)
Converium sucht
wieder einen neuen Chef
ZÜRICH - Der in einem Tum-around ste
ckende Rückversicherungskonzern Conve
rium sucht einen neuen Chef. Terry Clarke
gibt in absehbarer Zukunft sein Amt wieder
ab, wie Converium zu einem Bericht der
«Neuen Zürcher Zeitung» am Donnerstag
bestätigte. Der 64-jährige Brite übernahm
die Konzernleitung erst im vergangenen
Februar von Dirk Lohmann, dem der Verwal
tungsrat das Vertrauen entzogen hatte. Con-
verium-Sprecherin Esther Gerster sagte, es
werde sowohl intern als auch extern nach ei
nem geeigneten Chef gesucht. Dieses Vorge
hen sei im Sinne einer sauberen Nachfolge
planung bereits früher mit Clarke abgespro
chen gewesen. Clarkes Aufgabe sei die Ein
leitung und Begleitung des Tum-arounds und
dieser befinde sich auf gutem Weg. Erst
wenn ein neuer Chef gefunden sei, werde
auch der Posten des Finanzchefs wieder be
setzt, sagte Gerster weiter. (AP)
Ölprels stabilisiert
sich bei 57.3 Dollar
SINGAPUR - Der US-Ölpreis hat sich am
Donnerstag nach dem Einbruch vom Vora
bend stabilisiert. Ein Fass (159 Liter) der
US-Sorte WTI kostete am Morgen 57.30
Dollar.
Ein deutlicher Anstieg der Rohöllagerbe
stände in den USA hatte die Notierung am
Mittwochnachmittag zeitweise auf unter 57
Dollar gedrückt. Damit hat sich der Ölpreis
deutlich von der erst am Montagabend er
reichten Rekordmarke von 61 Dollar gelöst.
Der kräftige Anstieg der Lagerbestände in
den USA hat nach Einschätzung von Händ
lern Sorgen vor akuten Versorgungsengpäs
sen etwas in den Hintergrund rücken lassen.
Gleichwohl sehen Experten in der jüngsten
Entspannung noch keine Trendwende. «Der
Preisrückgang in den vergangenen Tagen
signalisiert noch nicht den Beginn eines neu
en Abwärtstrends», sagte Analyst Victor
Shum von der Energieberatungsgesellschaft
Purvin und Gertz. Ein Preisschub sei jeder
zeit möglich. Hintergrund sei die sehr hohe
Auslastung der Raffinerien.
Auch der Preis für Rohöl der Organisation
Erdöl exportierender Länder (OPEC) fiel
weiter. Nach Berechnungen des OPEC-
Sekretariats vom Donnerstag in Wien koste
te ein Fass (159 Liter) aus den Fördergebie
ten des Elf-Länder-Kartells am Mittwoch im
Durchschnitt 52.50 US-Dollar. Das waren
1.32 Dollar weniger als am Dienstag (53.82
Dollar). (sda)
Zeigefinger sind eingezogen
Bankenverband: Auch in Deutschland ist ein Trend zu mehr PrivatsphSre spürbar
VADUZ - Seit einem halten Jahr
Ist Michael Lauber, Geschäfts-
führir das Bankanverbandes
auf Tour In Deutschland. Sain
Ziel: das Image das Hnanzplat-
zas aufzupolieren. Unter vier
Augen klingt der Ton schon
freundlicher.
Volksblatt: Herr Lauber, haben
Sie Berlin, Hamburg, Frankfurt,
Stuttgart, München vom saube
ren Finanzplatz Liechtenstein
überzeugt?
Michael Lauber: Das ist eine
Daueraufgabe für Liechtenstein.
Ziel des Bankenverbandes ist es,
ein Netzwerk und ein Frühwarn-
system für den Bankenplatz aufzu
bauen. Dies betrifft die Medien,
Verbände, die Wirtschaft als auch
Beamten auf hoher Ebene. Es ist
wichtig, die Fühler auf persönlicher
Ebene weit auszustrecken, um zu
wissen, wie Liechtenstein als euro
päischer Finanzplatz gesehen wird,
der ja längst nicht mehr so massiv
im Fokus steht wie noch vor zwei
Jahren. Es wurde sehr begrüsst,
dass wir offen und transparent auf
unsere Gesprächspartner zugehen.
Drei Sichtweisen habe ich vorge
funden: Ein Teil weiss gar nichts
mehr von der Krise des Finanzplat
zes im Jahr 2000, ein zweiter bleibt
skeptisch gegenüber Liechtenstein
und ein dritter Teil sieht die positi
ven Veränderungen und schätzt die
se. Dazwischen gibt es Töne von
Verständnis, dass die Alpenländer
die Privatsphäre als hohes Gut
schützen. Der früher harsche Ton
und der negativ belastete Finger
zeig auf den Finanzplatz ist einem
nonchalanteren Ton gewichen.
Barbara Hendricks, Stellvertre
terin des deutschen Finanzminis
ters, liess beim Europa-Sympo
sium noch Skepsis mitklingen?
In einem Vier-Augen-Gespräch
mit der Staatssekretärin in Berlin
wurde ihre Ausgangslage deutlich.
Für sie ist steuerliche Gleichheit in
Europa das Thema und daran lässt
sie nicht rütteln. Andererseits aner
kennt sie ohne Wenn und Aber die
Bemühungen Liechtensteins zu
Transparenz und Partnerschaft.
Und ist sie Uber die Bemühungen
im Kampf gegen Geldwäscherei
und Terrorismusfinanzierung voll
in Kenntnis gesetzt. Ein in vielen
Ländern offenes Thema ist die Um
setzung der Dritten Geldwäscherei-
Richtlinie der EU. Meine Erfah
rung ist: Offen und direkt mit einer
Stimme zu sprechen macht echte
Diskussion und Verhandlungen
möglich.
Was kommt mit der Dritten
Geldwäscherei-Richtlinie auf Eu
ropa zu?
Jedes Land muss die Standards
Michael Lauber: Dlo Fühler unter vier Augen ausstrocken.
auf sich zugeschnitten umsetzen. In
dieser Diskussion wird sich der
Bankenverband stark engagieren.
Es gibt mir allerdings zu denken,
wenn aus der britischen Aufsichts
behörde FSA Stimmen zu hören
sind, dass Grossbritannien sein
System zur Bekämpfung der Geld
wäscherei von Grund auf neu aus
richten muss, um nicht weiter in
der Masse von unbrauchbaren For
malismen zu versinken. Der Hang
zurTechnokratie, die Formelles vor
inhaltliche Fragen stellt, nimmt
überhand. Die Lösung kann nur
sein, die Geldwäscherei-Richtlinie
standardkonform aber zugleich
pragmatisch lebbar umzusetzen.
Ist der Grad der Regulierung
noch auszuhalten?
Durch das Dickicht an Daten,
Formularen, Richtlinien und Re
geln sieht kaum noch jemand
durch. Je mehr Vorschriften kom
men, desto mehr wird standardi
siert. Es dient der Sache nicht,
wenn schlussendlich jeder nur noch
schnell Listen ankreuzt. Wer hinge
gen zielgerichtet reguliert, trägt zur
Minimierung von Risiko bei. Die
Bekämpfung von Geldwäscherei ist
heute klar ein Teil des Risikoma
nagements. Nicht das Giesskannen
prinzip, sondern dort anzusetzen,
wo Risiken bestehen, ist sinnvoll.
Es kommt darauf an, die eigenen
Risiken, sprich die Gefahren für
Missbrauch frühzeitig zu erkennen.
Was kann ein Mini-Staat zur
Diskussion um faire Regeln im
Steuerwettbewerb beitragen?
Sachinformationen einbringen
und sich vor allem auf die eigenen
Stärken konzentrieren. Denn der
Steuerwettbewerb allein entschei
det nicht Uber den Erfolg eines
Wirtschaftsstandortes. Die politi
sche Stabilität und die lange Tradi
tion im Private Banking wiegt da
genauso viel. Diese Tradition lässt
sich nicht so leicht einholen. Dar
auf können wir aufbauen. Auch mit
Nischenprodukten und neuen Lö
sungen.
Die Sonderrolle der Schweiz und
Liechtensteins passt Deutschland
gar nicht, wenn es um das Bank
geheimnis geht Wann wird der
Druck mürbe machen?
In Deutschland sind dazu zwei
Meinungen zu hören: Die einen er
muntern Liechtenstein, am Schutz
der Privatsphäre und des Bankge
heimnisses festzuhalten. Quasi als
Modell, denn auch in Deutschland
ist in konservativen Kreisen der Po
litik ein Trend hin zu mehr Schutz
der Privatsphäre zu erkennen. An
dere sagen, dass die Schweiz und
Liechtenstein zu noch mehr Kom
promissen bereit sein mUssen.
Liechtenstein wird also nicht um
hin können, die Grundsatzdiskus
sion darüber im Land selbst zu füh
ren. Entscheidend ist, dass wir
nicht erst auf Druck reagieren, son
dern unsere eigene Aktionsfähig
keit wahren.
Vermutlich werden weniger
Zinserträge in die Kassen der
EU-Länder fliessen, als erhofft
Trotzdem ist die EU mit der
Schweizer und Liechtensteiner
Sonderlösung zufrieden, die heu
te am 1. Juli in Kraft tritt Wun
dert Sie das nicht?
Die EU ist sicher aus dem Grund
zufrieden, weil man sich in einem
ersten Schritt aufeinander zu be
wegt hat. Der Fokus liegt aber klar
auf dem Drittland Schweiz. Für
Liechtenstein ist entscheidend, dass
mit der Sonderlösung das Bankge
heimnis bewahrt bleibt. Die Ver
bände der Finanzbranche werden
die Entwicklung bei der Umset
zung genau beobachten, die ersten
Zahlen abwarten und eigene Zu
kunftsszenarien entwickeln Rüs
sen.
Der Kleinstaat gehört zu den ers
ten Ländern, die eine integrierte
Finanzmarktaufsicht (FMA) hat
Verpufft das nicht?
Nein, im Gegenteil. Dieses Fak
tum wird sehr wohl zur Kenntnis
genommen und auch positiv bewer
tet. Doch «good news» sind eben
oft «no news».
Wohin soll die Reise des Finanz
platzes gehen?
Diese Frage muss die Politik in
den nächsten Jahren beantworten.
Denn ein Finanzplatz lebt von den
Rahmenbedingungen eines Staates.
Dieser muss dazu die Entwicklun
gen der EU, des EWR und der
Schweiz gut im Auge behalten.
Deutschland bleibt natürlich zen
tral. Dort wird der Bankenverband
die Kontakte in Vier-Augen-Ge
sprächen weiter vertiefen. Der sen
sible Dialog fruchtet und darf nun
nicht mehr abreissen.
l\it Liechtenstein genug für sein
Image?
Man kann nie genug tun. Image
ist ein nach aussen sichtbarer Rah
men. Der Aufwand ist gross, um
ein positives Image aufzubauen.
Ein positives Image aber auch kon
sequent zu leben, braucht vollste
Identifikation und daher auch Ge
duld. Im Augenblick sollten wir die
Chance beim Schopf packen und
uns Gedanken machen, wie der
moderne Kleinstaat Liechtenstein
sich in Zukunft zeigen will.
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