Volltext: Service public : weniger Staat - mehr privat

18 
Stiftung 
Zukunft.li 
1.4 Liberalisierungswelle im Service public 
Um den Wettbewerb zu fördern, wurden in der EU die klassischen Service- 
public-Bereiche seit den 1980er-Jahren sukzessive geöffnet. Inzwischen 
sind sowohl die Telekommunikations- und Energiemärkte als auch das 
Postwesen und der öffentliche Verkehr vollständig liberalisiert. Treiber der 
Liberalisierung war der Gedanke, die oftmals trägen staatlichen Monopo- 
listen durch hocheffiziente Privatunternehmen zu ersetzen. Ein Ziel, das die 
Europäische Kommission auch heute noch verfolgt. Sie rät den Mitglieds- 
staaten explizit, «diese sogenannten Dienstleistungen von allgemeinem 
wirtschaftlichem Interesse für den Wettbewerb zu öffnen, damit Ver- 
braucher in den Genuss günstigerer Preise und hochwertigerer Dienstleis- 
tungen kommen.» (Europäische Kommission, 2020). Dabei muss allerdings 
gewährleistet sein, dass die Dienste allen Bürgern zur Verfügung stehen, 
auch in Landesteilen, in denen sie keinen Gewinn abwerfen. Weiter 
schreibt die EU-Kommission: «Die EU-Mitgliedsstaaten können Privatunter- 
nehmen bestimmte öffentliche Aufgaben übertragen und ihnen dabei 
Pflichten auferlegen, besondere Rechte einräumen und einen finanziellen 
Ausgleich im Einklang mit den Bestimmungen für die Vergabe staatlicher 
Beihilfen schaffen.» 
Ziel der Liberalisierung ist es, Wettbewerb zu schaffen, wodurch ein brei- 
teres Angebot für die Verbraucher entsteht. Die Wahlmöglichkeit soll dazu 
führen, dass die Preise sinken und Dienstleistungen in der Regel effizienter 
und verbraucherfreundlicher angeboten werden. Damit dieses Ziel erreicht 
wird, spielen die Rahmenbedingungen eine wesentliche Rolle. Gerade in 
einem Kleinstaat wie Liechtenstein ist das Marktpotenzial in vielen Be- 
reichen zu klein, als dass sich mehrere Wettbewerber den Kuchen teilen 
könnten. Dies führt dazu, dass in kleinen Volkswirtschaften tendenziell 
öfter natürliche Monopole auftreten als in grossen Staaten (mehr zum   
Einfluss der Liberalisierungswellen auf Liechtenstein siehe Kapitel 
2.2). 
Auch in grossen Volkswirtschaften führt die Marktliberalisierung nicht in al- 
len Bereichen zum Ziel, wie das Beispiel der Deutschen Post zeigt. Während 
diese im Paketbereich starkem Wettbewerb ausgesetzt ist, bleibt sie im 
Briefgeschäft nach wie vor unangefochtene Marktführerin, obwohl 2008 
das staatliche Monopol im Briefgeschäft abgeschafft wurde. Ein Grund: 
Die Deutsche Post handelte zeitgleich zur Monopolabschaffung mit der 
Bundesregierung einen allgemeinverbindlichen Mindestlohn für Briefträger 
aus. Diesen konnte sie sich aufgrund ihrer Marktmacht leisten. Sie machte
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.