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ich mich auf einen Stein. Tolle Gedanken wir
belten mir durch den Kopf. Wie lange ich so
ins Leere starrte, ich weiss es nicht; da fühlte
ich eine Hand auf meiner Schulter. Erschrocken
fuhr ich empor, vor mir stand ein altes Weib,
das frug besorgt:
,,Hast du im Walde dich verirrt, denn schon
ist die Sonne am Himmelszelt gesunken?“
Nein, nein, stiess ich hastig hervor. Ich hab’
ja keine Heimat, auch nicht eine Seele, die mir
verwandt oder befreundet, so muss ich wohl im
Walde ein Obdach suchen.
Ernst und gütig sprach das Weib mir zu,
wie einem Kinde, dem man leise einen Wahn
anzureden sich bemüht. Etwas Gebieterisches
und doch Herzliches lag in ihrem Benehmen.
Erzählen musste ich mein hartes Geschick,
all’ mein zurückgedrängtes Weh löste sich gleich
einem Strom, dessen Lauf gewaltsam den Damm
durchbricht.
Ruhig hörte sie mich an und nahm die Ob
dachlose mit in ihre Felsenhöhle.
Dort lehrte sie mich Runen legen, deutete
mir der Gestirne Lauf, wie er mit dem Schicksale
der Menschen eng verschlungen ist. Heilsame
Kräuter und Wurzeln zeigte mir die Waldfrau
und manch’ Trünklein und Sälblein brauen. Sie
wusste der Wolken Flug, das Rauschen der
Eichen und Buchen in des Waldes heiligen