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Die Burgfrau Hess sich auf der Bank nieder,
Walter lehnte an der Balkonbrüstung. Wohl
that ihm der Anblick der Menge. Das Berg
volk war von derbem, gesunden Schlag und die
Urwüchsigkeit, welche das freie Alpenleben
kraftvoll entwickelte, brach hier schrankenlos
durch.
Burgvogt Magnus stand auf der an der Mauer
errichteten Tribüne. Mit wallendem Helmbusch
und violettsammtenem Mantel angethan, gebot
seine mächtige Stimme Stille. Darauf schritten
sechs Pfeifer dem Kreis zu, eine eintönige Melodie
spielend, ihnen folgten stämmige Knechte, die
führten an Stricken sieben Widder in den um
grenzten Ring und hetzten dieselben gegen
einander. Ein Avilder Kampf entspann sich unter
den Tieren. Aufs neue stachelten sie die Knechte
an, noch heftiger fuhren die Widder auf einander
los. Man erblickte nur noch einen wirren Tier
knäuel. Da versetzten ihnen die Knechte mit
Speeren den Todesstoss. Das Volk brach in ein
Geschrei aus: „Ostara ist da!“
Das Blut der Widder wurde in ein Gefäss
gesammelt und damit Äcker und Wiesen be
sprengt, weil dieser alte Brauch reichen Ernte
segen verhiess.
Nun verkündete Burgvogt Magnus laut;
„Ostara is gekummen
mit voglinsang undt plumen,