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Bier wird in Churrätien nicht erwähnt, aber man trank
Obstmost.
Der Weinbau war bedeutend und wurde an manchen
Orten betrieben, wo längst keine Traube mehr reist. Das
Maß für den Wein war Fuder zu ca. 100 Maß und Sikla —
8 Sextar.
Karl der Große verbot, die Trauben mit nackten Füßen
zu zerstampfen, welches Verbot aber unbeachtet blieb. Später
wurde dann verordnet, das Zerstampfen der Trauben soll mit
gewaschenen Füßen geschehen; die, welche die Trauben zer
treten oder keltern, sollen nicht aus- und einlaufen, nicht
dabei essen oder trinken; auch sollen sie gekleidet und um
gürtet sein, damit nicht der Schweiß in den Most rinne. Das
Keltern geschah im Torkel. Die Bearbeitung der Weinberge
war einer besonderen Klasse von Leuten anvertraut, die man
Winzürl (Winzer) nannte. Das Recht, Wein auszuschenken,
stand dem Herrn des Hofes zu, dem die Weinberge gehörten;
doch durften auch Beamte, denen die Sorge für die Wein
berge oblag, „Kränze aushängen". Sonst gab es in Chur-
rätien sechs eigene Wirtshäuser oder Herbergen, die zum
königlichen Fiskus gehörten. Eine solche Taferne war in
Schaan. Jede Taferne zahlte jährlich 1 Pfund Steuer.
Der Wiesenbau war ebenso eifrig betrieben. Das Maß
für Heu war „Last" (onus), wo es eingetragen werden mußte,
und sonst Fuder (carrata). Kleine Stücke Wiesen hießen Pecia
oder Peciola, große quadratische Stücke „Quadra". Diejenigen,
welche herrschaftliche Aecker zu bepflanzen hatten, mußten auch
die herrschaftlichen Wiesen mähen, und das Heu einfahren oder
tragen in die herrschaftliche Scheuer. Die herrschaftlichen
Wiesen, zumal die königlichen, mußten nach einer Verordnung
Karls des Großen eingehagt werden, daß kein Vieh darauf
kam; nur der Fremde durste von Gras und Getreide unge
straft soviel abschneiden, als er für sein Pferd nötig hatte.
Auch gebot er, niemandem Herberge zu versagen; doch habe
ein solcher nichts anderes zu fordern als „Gras und Halm".
Die Viehzucht war für Ehurrätien neben dem Ackerbau
die wichtigste Beschäftigung, zumal in den höher gelegenen
Talschaften. Die zahlreichen und herrlichen Alpen, Maisäße
und Wiesen trieben von selbst zu dieser Beschäftigung. Auch
stand das Vieh damals in ungleich höherem Werte als die
Produkte des Ackerbaus. Bedeutender Viehstand konnte na
türlich nur auf größeren Besitzungen, auf den herrschaftlichen
Höfen gehalten werden. Die Alpen waren großenteils herr
schaftlich und wurden nur im Laufe der Zeit an die Genossen