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Kaiser, Geschichte Liechtensteins.
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und die gewöhnlichen herkömmlichen Lasten so sehr in Anspruch
genommen, daß ein Mehreres ihnen nicht zugemutet werden
könne, ohne den ehrenhaften Stand, so sie von den Vorfahren
ererbt, ganz in Ruin und Abgang gehen zu lassen.
5. Es ist dem Grafen wohlbekannt, wie sie alles, was sie
bei der Huldigung gelobt, getreulich gehalten haben, und sie
würden ihrerseits es auch ferner tun. Dagegen erwarten sie
auch, daß der Graf sie bei dem alten Herkommen, ihren Brie
fen und Freiheiten handhabe und schütze, auch alles in alten
Stand fetze, ihnen selbst und ihren Nachkommen „zum Trost
und zur Ergötzlichkeit".
Graf Franz Wilhelm I. starb am 10. September des glei
chen Jahres im blühenden Mannesalter von 35 Jahren und
hinterließ fünf unmündige Kinder, drei Söhne und zwei
Töchter.
Ferdinand Karl, der Erstgeborne, zählte kaum zwölf Jahre,
Jakob Hannibal neun und Franz Wilhelm II., der jüngste,
acht Jahre. Der Letztgenannte widmete sich später dem Kriegs
wesen, focht in den Türkenkriegen und fiel in der Schlacht bei
Salankemen am 27. August 1691. Er hatte zur Gemahlin Luisa
Josepha, Tochter des Fürsten Maximilian Moriz von Liechten
stein, die ihm einen Sohn Franz Wilhelm III. gebar, mit wel
chem im Jahre 1759 das Geschlecht der Grafen von Hohenems
im Mannesstamme erlosch. Es mußte für die Kinder des Gra
fen Franz Wilhelm I. eine vormundschaftliche Regierung be
stellt werden, was nicht ohne Streit unter den nächsten Anver
wandten abging. Kaiser Leopold I. schlichtete ihn, indem er die
Mutter der jungen Grafen, Eleonora von Fürstenberg, und
den Oheim derselben, den Grafen Karl Friedrich von Hohen
ems, als Vormünder bestätigte. Vormundschastsrat und Land
vogt zu Vaduz und Schellenberg war Johann Christoph Köberle.
4. Die Hexenprozesse.
Roch lagen die Schrecken des schwedischen Einfalles und
seine traurigen Folgen auf dem unglücklichen Lande, als die
Gerichtsleute und Geschwornen der Grafschaft Vaduz eine
Schrift an den Grafen Franz Wilhelm eingaben des Inhalts:
Das Laster der Hexerei ist soweit eingerissen, daß sich der ge
rechte Mensch vor den Hexenleuten schmucken muß. sSie suchten
dies in zwei Beilagen darzutun, die aber nicht mehr bei den
Akten finb.] Sie bitten demnach, der Graf wolle dem Gericht
und den Amtleuten Gewalt geben, das Uebel zu strafen und