305
Kaiser, Geschichte Liechtensteins.
20
Auf dem Reichstage zu Worms kam der ewige Landfriede
und die Errichtung des Reichskammergerichts zustande. Bor
diesem Gerichte konnten die Recht suchen, welche unmittelbare
Stände des Reiches waren; alle anderen nur im Falle ver
weigerter Justiz, oder in letzter Instanz. Den Herren war die
Gerichtsbarkeit über ihre Untertanen vorbehalten. Zur Erhal
tung des Kammergerichts und wegen der Türkengefahr wurde
die Anlage des „gemeinen Pfennings", d. i. eine Reichssteuer
bewilligt, aber nur auf vier Jahre. Von 1000 fl. Vermögen
mußte 1 fl., von 600 fl. y 2 fl., von dem, was unter 500 fl.
war, der zwanzigste Teil eines Guldens gesteuert werden. Die
Türkengefahr war groß. Sie hatten im Jahre 1453 Konstan-
tinopel erobert, dem griechischen Kaiserreiche ein Ende ge
macht, nahmen Serbien und Bosnien, drangen durch Ungarn
verheerend nach Oesterreich und bedrohten selbst Italien.
Die Eidgenossen wurden eingeladen, dem schwäbischen
Bunde beizutreten und zur Erhaltung des Reichskammerge
richts beizutragen. Denn noch gehörten sie zum Reiche, und
der größte Teil ihres Landes war vormals ein Bestandteil des
Herzogtums Schwaben gewesen. Sie waren aber weder zu dem
einen, noch zu dem andern geneigt. Rach dem Mandat des
Kaisers Friedrich III. von 1488 sollte der schwäbische Bund
die Ungehorsamen zum Beitritt zwingen. Die Schweizer hatten
aber im Burgunderkriege einen großen Namen erworben;
Frankreich bewarb sich um ihre Freundschaft und gewann sich
durch Geld und Schmeicheleien ihre tapferen Fäuste. Sie be
schlossen bei ihren Bünden zu bleiben, indem dieselben stark
genug seien, in ihren Gebieten Recht und Frieden zu erhalten
und alle zu schützen. Gegen die Abmahnung des Kaisers zogen
sie dem König von Frankreich zu, mit dem er im Kriege war,
und weigerten sich, mit ihm die Erbeinigung einzugehen, welche
sie mit dem Herzog Sigmund geschloffen hatten. Zwei Männer
aus der Eidgenossenschaft, Varnbüler von St. Gallen und der
Ammann Schwendiner von Appenzell flohen in das Reich
und belangten ihre Heimatgemeinden vor den Reichsgerichten
um Zurückerstattung ihres eingezogenen Vermögens. St. Gal
len und Appenzell kamen in die Reichsacht, da sie den Vor
ladungen des Reichsgerichts keine Folge gaben. Die Eidgenossen
nahmen sich der Geächteten an, mahnten die Grenzorte Schaff-
hausen, Rotweil, St. Gallen, Appenzell, Kaiserstuhl und Dies-
senhofen zum Aufsehen (1497). Bon diesen Schritten gab der
schwäbische Bund dem Kaiser Nachricht, hielt einen Tag zu
Überlingen, wo Berteidigungsanstalten beschlossen und Kund
schafter ausgestellt wurden. Große Unruhe und Auftegung