252
verpfändet und seinen rechtmäßigen Erben, den Grasen von
Sargans, entzogen.
Mehr als 200 Jahre herrschte das montfortische Geschlecht
über Vaduz und Schellenberg, zuerst Montfort roter Fahne
gegen 50 Jahre, dann Werdenberg schwarzer Fahne gegen
30 Jahre, dann die von Sargans weißer Fahne gegen 68
Jahre, endlich die zu Vaduz ebenfalls weißer Fahne gegen 88
Jahre. Nur zu oft erscholl während dieser langen Zeit der
wilde Ruf der Fehden durch das sonst friedliche Tal der Land
schaft Vaduz und an den Hügeln des Eschnerberges, verküm
merte dem Landmann die Früchte seines Fleißes und stürzte
die Herren immer tiefer in Schulden. Alles zeigte an, daß
das Ritter- und Herrenwesen in seiner alten Gestalt nicht
mehr bestehen konnte. Der Dienst zu Roß war zu kostspielig
und die Kriege mit den Eidgenossen hatten gelehrt, was ein
mutiges, gut geführtes Fußvolk gegen die adeligen gehar
nischten Krieger zu Roß vermöge. Die Erfindung des Schieß
pulvers, welche in diese Zeit fällt, und die allmählige Anwen
dung desselben veränderten die Art der Kriegführung. Manche
Landherren in Oberrätien, die Aebte von Disentis, die Frei
herren von Räzüns, die Grafen von Sax-Mosax, in Unter-
rütien besonders Graf Albrecht der Aeltere zu Bludenz sahen
ein, daß sie keine festere Stütze gewinnen konnten als die, welche
sich auf die Liebe und Treue des Volkes gründet, und verban
den sich mit demselben zu gegenseitigem Schutz ohne Unter
schied des Standes mit Edlen, Unedlen, Freien und Eigen
leuten. Dadurch erhielten auch die Letzteren eine rechtliche
Anerkennung und Stellung, die jede willkürliche Behandlung
ausschloß, indem der Bund ebensowohl die Beschützung der
Rechte des Volkes als der Herren übernahm; dies machte allein
eine rechtliche und moralische Ordnung in bezug auf Besitz
und Eigentum möglich. Im gleichen Verhältnis standen die
Leute des Gotteshauses von Chur zum Bischof und Domkapitel.
Sie waren von allen Reichslasten frei vermöge der Privilegien,
die das Hochstift von den Kaisern erhalten hatte. Ohne Zu
stimmung der Gotteshausleute konnte der Bischof weder Krieg
führen, noch Bündnisse schließen; sie schützten ihre eigenen
Rechte wie die des Hochstifts. Viele suchten um die Aufnahme
in den Stand der Gotteshausleute nach. So ledigte Bischof
Johann im Jahre 1387 den „ehrbaren Mann Heinrich Dur
mann in Glurns der Aigenschast", da sich derselbe mit seiner
Familie dem Gotteshaus zu Chur ergeben habe. Er nahm
ihn zum Gotteshausmann an, erteilte ihm „Recht, Freiung
und Gnad", welche die Dienstleute des Gotteshauses genießen.