21
dick von acht viereckigen Türmen flankiert. Das Gebäude hatte
drei Abteilungen mit mehreren Mühlsteinen und einer Zi
sterne. Das alles scheint aber weniger auf eine Marschstation,
als vielmehr auf ein Kastell hinzuweisen, also auf ein be
festigtes Lager (Castrum). Es dürfte also, wie vorher bemerkt
wurde, das Oktodurum der Römer sein.
Zur Handhabung der öffentlichen Sicherheit, zum Schutze
der Transporte und des Verkehrs erbauten die Römer den
Straßen entlang an aussichtsreichen und leicht zu befestigenden
Punkten Warten oder Türme (Spekula) und als Mittelpunkte
derselben Kastelle, die mit Graben, Wall und Türmen gesichert
und aus riesigen Mauern ausgeführt wurden. In diesen Ka
stellen residierte der Befehlshaber eines größeren Truppen
teiles mit seinem Stabe. Die übrige Mannschaft, die nicht
im Kastell untergebracht war, war in Standlagern und Wacht
türmen zerstreut. Die Wachttürme, Warten genannt, waren
auf höheren Punkten, von denen aus die Gegend und die
Straße weithin überwacht werden konnten, angebracht. So
dürften ohne Zweifel die späteren Burgen Grafenberg, Gu
tenberg und Vaduz auf solchen Warten erbaut worden sein.
Diese Festungswerke wurden meist aus großen Quadersteinen
errichtet, die äußerlich genau zusammengefügt erscheinen, aber
ein bauschiges Aussehen haben. Die Auswahl militärisch wich
tiger Lagen für diese Kastelle deutet darauf hin, daß diese
ursprünglich vor allem den Zweck hatten, die neuen Unter
tanen im Zaume zu halten, und daß sie daher schon gleich nach
der Eroberung Rätiens erbaut wurden. Im Walde auf der
Luziensteig muß ein größeres Militärlager gewesen sein, wor
auf der Name Marswald, d. h. Wald des Kriegsgottes Mars
(Silva Martis) hinweist.
Die Römer trauten den so leicht unterworfenen Rätiern
nicht. Der römische Geschichtschreiber Dio Cassius berichtet,
Drusus und Tiberius haben den kräftigsten und größeren Teil
ihrer Jungmannschaft aus dem übervölkerten Lande wegge
führt, d. h. in die Sklaverei verkauft und nur so viele zurück
gelassen, als das Land bebauen aber keine Unruhen anfangen
konnten. Auch Strabo berichtet, daß die Mischen Völklein
zum Teil vertilgt worden seien.
Ein Teil der jungen, streitbaren Mannschaft ward den
römischen Heeren einverleibt, und wir finden rätische Streit
haufen auf allen Schlachtfeldern der Römer, namentlich in
den Kriegen gegen die Deutschen (Germanen). Ihrer Aus
dauer und Tapferkeit wegen wurden sie von den alten Schrift
stellern zum Kern der Römertruppen gezählt. Die römische