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finden sich häufig. Die Rätier verstanden also die Bearbei
tung des Tons und später auch die der Bronze. Man fand
reich verzierte Ton- und Bronzegefäße in den rätischen Grä
bern in Tirol. Die Inschristen sind dem griechischen Alphabet
nachgebildet.
Die Rätier verehrten verschiedene Gottheiten, darunter
auch den „Butz" als gefürchteten, neckischen Halbgott. Sie
hatten Wahrsager, welche sie auf ihren Kriegs- und Raub
zügen begleiteten, die Opfer darbrachten und die Natur (Vogel
flug u. dgl.) zu erforschen hatten. Aus Wahrsagerei und
Aberglauben wird ihre Religion hauptsächlich bestanden haben.
Auch wird das Volk den Naturdienst geübt haben, indem sie
an Quellen und in Eichenwäldern besondere Gottheiten ver
ehrten.
Ihre Sprache war rauh, und die Römer konnten die
rätischen Worte kaum aussprechen.
Im übrigen waren sie sehr kriegerisch und ließen ihren
Nachbarn wenig Ruhe. So zogen sie etwa um das Jahr 89
v. Chr. vor Lomo in Italien, nahmen den Ort ein, plünderten
und zerstörten ihn und machten die männliche Bevölkerung
nieder, das Kind im Mutterleibe nicht verschonend, wenn die
Wahrsager verkündeten, es werde ein Knäblein zur Welt
kommen. Später fielen sie in das Land der „friedfertigen und
goldreichen" Helvetier, wie der Grieche Strabo sie nennt, und
streiften bis in das Land der Rauracher im Gebiete von Basel.
Der Feldherr Munatius Plankus besiegte sie (36 v. Ehr.) zwar,
schrieb aber nach Rom, in diesem Volke liege eine große Kraft,
die für die Zukunft gefährlich werden könne. Man glaubt,
daß infolge solcher Besorgnisse die Pflanzstadt Augst bei Basel
(Augusta Raurakorum) angelegt worden sei. Helvetien bis an
den Zürchersee gehörte seit dem Jahre 58 v. Chr. schon zum
römischen Reiche.
Run beschloß Kaiser Augustus auch Rätien seinem Reiche
einzuverleiben. Die wiederholten Raubeinfälle der Rätier in
römisches Gebiet und die Feindseligkeiten, mit der sie die ihr
Land durchziehenden römischen Bürger behandelten, gaben den
Römern den willkommenen Anlaß dazu. Hätten sie aber auch
diesen Anlaß nicht gehabt, so würden die Römer einen an
deren gefunden haben, denn die Eroberung der gesamten
Donaulande war seit der Eroberung Galliens (Frankreichs)
eine politische Notwendigkeit geworden. Damit war aber auch
das Los der Alpenvölker besiegelt. Die Reihe sollte also nun
an die Rätier kommen. Zwei auserlesene Heere wurden aus
gerüstet und der Oberbefehl des Kaisers Stiefsöhnen Tiberius