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genannt, wenn sie sich die Krone zu Rom vom heil. Vater aufsetzen
ließen, was nie ohne bewaffneten Heerzug geschah: man nannte das
einen Römerzug und dazu waren alle Reichsvasallen verpflichtet.
Den Deutschen war die Kaiserwürde ursprünglich etwas Fremdes, sie
lernten sie erst durch Karl den Großen kennen, und von ihm leitete
auch die deutsche Nation die ausschließliche Berechtigung zur Kaiser
würde ab. Da nach dem Herkommen die Päpste allein die Kaiserkrone
verleihen konnten, so geriethen die deutschen Könige in doppelte Ab
hängigkeit , nämlich in die ihrer Wahlherrn in Deutschland und in die
des Papstes zu Rom; denn beide wollten so hohe Würden nicht ohne
Vortheile für sich spenden und in diesem Doppelverhältniß lag alle
Stärke und alle Schwäche der kaiserlichen Macht und der Keim zu
allen Zerwürfnissen zwischen den Kaisern und Päpsten, welche die
kaiserliche Gewalt in Italien vernichteten, in Deutschland aber den
Wahlherrn und den Rcichsständen in die Hände spielten.
Uebrigens ist zwischen Königen und Kaisern von damals und sezt
ein bedeutender Unterschied. Reichsgesetze und Ordnungen konnten
sie nur mit dem Rath und der Zustimmung der Reichsstände machen;
sie hatten keine anderen Einkünfte, als was die Reichs- und Krongüter,
ferner die Zölle, Strafen und Confiscationen und endlich die frei
willigen Geschenke der Großen einbrachten. Bleibende Residenz hatten
sie nicht und darin lag etwas Großes, daß die höchste Macht überall
persönlich mahnend, tröstend, helfend, richtend und strafend erschien.
Dies erzeugte auch in dem Volke die Einheit der deutschen Nation,
troz der Verschiedenheit der Stämme und dem Gegengewicht der
Volksherzoge.
Von der karolingischen Einrichtung verlor sich der Heerbann, oder
der Kriegsdienst aller Freien; jetzo bot man die Lehen- und Dienst
mannen auf, welche dadurch zu höherer Geltung kamen. Es verlor
sich die Einrichtung der Sendboten, wodurch die Gaugrafen aller
Aufsicht entzogen waren. Da die Leben des Reiches seit Konrad II
erblich wurden, geschah es, daß man die Grafschaften und Herzog-
thümer erblich verlieh. Es blieb diese Einrichtung nicht ohne wohl
thätigen Einfluß auf die Kultur des Landes. Das Lehenwesen durch
drang alle Verhältnisse und so kam durch die Erblichkeit größere
Sicherheit und Festigkeit in das Besiztbum: cs führte aber die Zer
splitterung und Auflösung der alten Gaugrafschaften herbei, wie wir
bei Churrätien schon unter dem nächsten Kaiserhause seben werden.
Gaugrafcn über dasselbe waren die Herzoge von Schwaben, als
solche werden urkundlich erwähnt, die Herzoge Hermann I, Luitolph,
Otto l. Auf solche Weise kam das allemannische Volksrecht in Räticn
zur Geltung und das römische Recht verlor sich. Die Gotteshausleute
des Hochstifts stunden unter dem Schirmvogt, den der Bischof bestellte.
Er sollte höchstens drei Gerichtstage im Jahre halten. Von den Ge
richtsbußen bezog der Kastvogt den Drittel; für die Bewirthung des
selben, so wie seines Gefolges mußten die Gotteshausleute sorgen.