Volltext: Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein

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andern» fein Ende. Unter dem Vieh brach die Klauenseuche aus. 
Mit jedem Monat kamen Forderungen an Geld oder Naturalien 
vom schwäbischen Kreise und von Vorarlberg. Der Sommer war 
heiß und es gab viel Wein; dagegen war das Jahr 1801 naß: am 
12. April fiel ein so starker Schnee, daß die Bäume brachen und 
im Heumond that der Hagel großen Schaden. Im Jahr 1802 
reis'te der Landvogt Menzinger nach Ulm, um dem Abschluß der 
Kreisrechnung beizuwohnen. Unsere Kriegsschuld ist so groß, daß 
Kind und Kindskinder daran zu zahlen haben. Alle fremden Bettler 
wurden aus dem Lande gewiesen; das Betteln wurde streng ver 
boten. Dagegen wurden in allen Gemeinden Armenpflegen errichtet, 
jede Gemeinde mußte ihre Armen angeben und die Geistlichkeit 
wurde aufgefordert, zum Unterhalt der Armen beizusteuern. Man 
will ein Arbeitshaus errichten, aber man vermag es bei uns nicht." 
Die Kriegserlittenheiten, welche dies kleine Land von 1794 bis 
1802 zu tragen hatte, beliefen sich nach amtlicher Schätzung aus 
nahe eine Million Gulden. Solch tiefe Erschütterungen der ökono 
mischen Zustände pflegen von noch größeren moralischen Uebeln 
begleitet zu sein. Mit dem Schwinden des Kredits verliert sich 
das Vertrauen, ohne welches keine Gesellschaft bestehen kann; das 
moralische Gefühl wird abgestumpft, das Ehrenhafte in Gesinnung, 
Denkart und Handlungsweise verschwindet, vollkommene Gleichgül 
tigkeit und rohe Selbstsucht nehmen in den Gemüthern Plaz. Da 
mals war Niederer, der nachherige Freund Pestalozzi's, dieses großen 
Menschenfreundes und Erziehers, Pfarrer in Sennwald; er sah 
auch dort „die Unwissenheit, tiefe Barbarei, Atheisterci und mora 
lische Versunkenheit" und wollte im Schloß Forsteck eine Erziehungs 
anstalt gründen. „In einem schönen Amphitheater, schreibt er seinem 
Freund Tobler, liegen um dasselbe die Dörfer der ehemaligen Herr 
schaft Sar. Es scheint ganz dazu geschaffen, zum Nachdenken ein 
zuladen und zur stillen Vorbereitung irgend einem gemeinnützigen 
Zwecke zu dienen. Entfernt von den ansteckenden Beispielen der 
Erniedrigung ist es nahe genug, um in jeder Stunde die mensch 
liche Entartung betrachten zu können und sich mit wehmüthigem 
Gefühle wieder zurückzuziehen, um mit desto größerer Erhebung des 
Herzens an seiner eigenen Veredlung zu arbeiten. Und wenn es 
zur Bildung des Geistes geschaffen ist, so ladet nicht weniger die es 
umgebende Natur zu Arbeiten des Körpers ein und ruft ihm gleichsam 
zu, in ihrem Schooße einzukehren und da ein Paradies zu erschaffen." 
Das Projekt blieb unausgeführt. Ein ähnliches war 10 Jahr früher 
bei uns aufgetaucht, man wollte zu Vaduz eine Centralschule er 
richten. „Das Volk ist gar abergläubisch und von den größten 
Vorurtheilen eingenommen; von einer wahren Religion oder von 
einem wahren Christenthum ist kaum eine Spur und was thun die, 
denen es obliegt, solches vor allem zu fördern? Doch es ist besser, 
hierüber zu schweigen." So schrieb damals ein für unsere Landschaft
	        

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