484
daß die Franzosen in die östliche Schweiz und in unsere Nähe
rückten. Der zürcherische Landvogt in der Herrschaft Sar beschied
seine Amtsangehörigen vor sich, um ihre Begehren zu vernehmen.
Sie verlangten Befreiung vom Todtensall, von Zehnten und Grund
zinsen ; Jagd und Fischerei soll frei sein. Die Leute zu Grabs und
Werdenberg errichteten Freiheitsbäume; der Abt von Pfäffers kam
nach Eschen, die Stiftsfräulein von Schännis sammt vielen reichen
Herren jener Gegenden suchten Zuflucht zu Vaduz, der Abt von
Einsiedeln in St. Gerold.
Während des Friedens hatte Frankreich seine Macht also ausge
breitet. Die Unterwerfung der Schweiz unter den Willen der
Machthaber von Paris war eine indirekte Kriegserklärung gegen
das deutsche Reich, besonders war dadurch das südliche Deutschland
bedroht und Oestreich; denn im Besiz von Oberitalien, der Schweiz
und des südlichen Deutschlands stund den Franzosen der Weg nach
Wien offen, Bünden und Tirol mußten von selber fallen. Bei
dieser Sachlage war nicht zu erwarten, daß der Frieden Bestand
habe. Mit England war Frankreich fortwährend im Krieg; aber
jenes behauptete sein Uebergewicht zur See und dieses faßte den
Plan, England in Irland, Aegypten und Ostindien anzugreifen.
Im Hafen zu Toulon ward mächtig gerüstet und Bonaparte schiffte
sich nach Aegypten ein (19. Mai 1798).
11 Der Einfall der Franzosen 11SS und 1800.
In unserm Lande war große Theurung, besonders 1797. Viel
unfruchtbares Land wurde aufgebrochen und zu Feld gemacht. An
der Luziensteig wurden Berschanzungen aufgeworfen, die Einquar-
tirungen, Requisitionen an Heu, Haber und Stroh, die Schanz
arbeiten und Kriegsfuhren wollten kein Ende nehmen und brachten
den Landmann fast in Verzweiflung. Im Herbst 1798 rückten die
Franzosen in unsere Nähe, besezten das linke Rheinufer von Ragaz
bis zum Bodensee. Sie nahmen alle Schiffe aus dem Rhein und
erhielten immer frischen Zuzug aus der nördlichen und westlichen
Schweiz. Die Kaiserlichen hielten das rechte Ufer besezt, sie lagen
in Bünden, im Liechtensteinischen und im Vorarlberg. In unserm
Lande mußte man ihnen am Rhein bei 20 Wachthütten bauen,
Holz und Palisaden liefern, aus den Maurerwiesen und bei Tisis
schanzen. England, Oestreich, Rußland und Neapel verbanden sich
gegen Frankreich. Die Russen waren bereits auf dem Marsche;
denn Kaiser Paul, welcher aus Katharina II gefolgt war (1796),
wollte Deutschland erhalten und Frankreich's Uebermacht brechen
helfen. Selbst die Türken wurden in die Verbindung der genannten
Mächte gezogen. Aber die Franzosen besezten schon im Jänner 1799
Piemont und bald darauf Neapel und Toskana.