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widersezten sich am hartnäckigsten, gaben aber ebenfalls nach, brachen
die Zäune ab und was der Kultur gewonnen war, wurde wieder
dem Wildstand eingeräumt. Noch nahm Harprecht Anlaß, als der
Schaner Ausschuß dem Landammann Tschetter in die Rede fiel und
ihn unterbrach und darüber ein Tumult entstand, der kaiserlichen
Kommission bemerkbar zu machen: „wie mit diesen Leuten nichts
auszurichten und Tauf und Chrisam an ihnen verloren sei." —
Er hatte mit Vorbedacht einen solchen Auftritt herbeizuführen ge
sucht. Der ganze Streit drehte sich übrigens um einige Strecken
Landes, das mit Stauden und Stöcken überwachsen, oder durch
Anlegung von Wuhren dem Rhein entrissen und urbar gemacht
worden war. Man nannte es Neugereut; die Geistlichkeit sprach
davon den Zehnten an, die Herrschaft das Eigenthum. Einige
solcher Strecken Landes aber waren wirkliches Eigenthum der Ge
meinden , andere von den Grafen von Hohenems erkauft worden.
Weil diese jedoch, wie früher erzählt, unter kaiserlicher Verwaltung
standen, wurde die Gültigkeit solcher Verkäufe bestritten und die Ge
meinden zur Herausgabe der betreffenden Güter angehalten, wobei ihnen
wegen des Kaufschillings der Regreß an den Grafen Jakob Hannibal
vorbehalten bleiben sollte. Der Kaiser aber bestimmte das Jahr 1699
als das Nvrmaljahr für solche Käufe, was vor demselben erkauft
worden, sollte Kraft haben, alles andere aber gegen Vergütung
des Kaufschillings herausgegeben werden. So endete dieser Streit.
Ein Ausschuß der Landschaft Eschnerberg, welcher mit einem
Ausschuß der Landschaft Vaduz die Abschaffung der Schultheiße und
Wiederherstellung der alten Verfassung bei der kaiserlichen Kommission
bewirken wollte, konnte keine weitere Aenderung in der Lage der
Dinge hervorbringen, weil die genannte Kommission nicht dazu
bevollmächtigt und in das Land gesendet war.
Um die gleiche Zeit haben sich unsere Nachbarn, die Werden
berger, in einen weitaussehenden Handel mit ihren Herren, den
Glarnern, eingelassen. Sie hatten nämlich im Jahr 1667 einen
Brief erlangt, auf den sie große Stücke hielten, den aber Glarus
nebst andern Urkunden zurückforderte und nicht mehr zurückgab,
ungeachtet die Werdenberger zu wiederholten Malen und angelegent
lich darum ansuchten. Als nun im Jahr 1719 ein neuer Landvogt
bei ihnen aufzog, verweigerten sie die Huldigung und beharrten bei
dieser Weigerung, ungeachtet sie von der Tagsatzung und einzelnen
eidgenössischen Ständen insbesondere zum Gehorsam aufgefordert
und ermahnt worden. Die Werdenberger wählten Ausschüsse,
schickten Abgeordnete an einzelne Orte der Eidgenossenschaft, wo
sie sich über Glarus beschwerten, und machten eine Brücke über den
Rhein. Da griffen die Glarner zu den Waffen und rückten mit
Kriegsvolk in die Grafschaft. Darauf huldigten die Werdenberger
(1722). Die in diesem Handel am meisten Betheiligten waren ent
flohen und die 30,000 fl. Kosten, welche Glarus wegen dieser