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Böhmen Adam Brandt, dies unglückliche vaduzische Land zum
Schauplaz seiner Gewaltthätigkeiten erkoren habe; denn aus allen
seinen öffentlichen Handlungen gehe hervor, daß er nach eigener
Willkür, nicht mit Wissen und aus Auftrag seines Herrn handle.
Gleich bei seiner Ankunst als Kommissär habe er versichert, wie
strenge ihm von seinem Fürsten anbefohlen sei, das alte Herkommen,
Privilegien, Rechte und Freiheiten aufrecht zu halten und zu sorgen,
daß keinerlei Neuerungen stattfänden, und bei der Huldigung habe
er eine ähnliche Versicherung gegeben. Diesem allem aber wider
spreche jezt jede seiner Handlungen. Uebrigens habe er schon bei
dem Huldigungseid die Anrufung der Mutter des Herrn und der
Heiligen weggelassen, also daß man dem Volke allenthalben vor
werfe : es habe einen lutherischen Eid abgelegt. Er habe sich ferner
nicht entblödet, in Gegenwart der Pfarrherrn über den Papst, die
Nunciatur zu Luzern und den Bischof von Chur loszuziehen; seine
Gehülfen, die Beamten, zögen alles vor ihr Gericht, auch die Ehe
sachen und verböten Vermächtnisse zu frommen Zwecken. Nicht
blos der Novalzehnten, sondern auch alle andern Einkünfte würden
der Geistlichkeit zurückgehalten. In jeder Gemeinde seien zwei be
waffnete Männer aufgestellt, als Wache, daß den Geistlichen nichts
zugeführt würde, und bei Lebensstrafe sei den Pfarrkindern ver
boten, ihrem Seelsorger etwas zukommen zu lassen, oder auch nur
etwelche Dienste zu leisten. Man werbe Soldaten und Schweizer,
vermuthlich, um der Geistlichkeit alles wegzunehmen und das Land
gänzlich zu unterdrücken. Dem Domkapitel in Chur, das mit dieser
Sache gar nichts zu thun habe, seien die Einkünfte, die es aus
dem Oestreichischen beziehe, in Vaduz angehalten und mit Sequester
belegt worden. Unter Androhung schwerer Strafen werde dem
Klerus zugemuthet, was er predigen solle oder nicht. Geringe
Sachen, Händel und Raufereien, würden schwer gestraft, schwere
Laster, Unzucht und Ehebruch und dergleichen, gehen fast ungestraft
durch. Von den Gehülfen Harprechts sei der eine ein Spötter
und Verächter der Religion, der andere dem Trunk und der Fleisches
lust ergeben. Der Landvogt habe es unter solchen Umständen wider
sein Gewissen gefunden, länger zu dienen und freiwillig resignirt;
sein Nachfolger sei zwar guten Charakters und religiös, aber für
seinen Vortheil bedacht und von Harprecht's Willen ganz abhängig.
Alles sei in dem armen und unglücklichen Ländchen umgestürzt:
die alte Verfassung abgethan, liegende Gründe und Güter, in deren
Besiz die Leute Jahrhunderte gewesen und die sie von früheren
Herren erkauft, dürften sie nicht genießen, wenn sie dieselben
nicht wieder loskauften. Die Beamten hätten sich das Wort ge
geben, nicht eher zu ruhen, als bis sie das Ländlein völlig in's
Joch der Knechtschaft gebracht. Aus dem allem gehe wohl deutlich
hervor: wie fern von diesem unglückseligen Ländlein unter der
Regierung dieses Kommissariats Treue und Glauben , Religion,