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fortwährender Renitenz von allen Kanzeln dem Volke öffentlich
bekannt gemacht werden (6. Juli 1720).
Von der ganzen Sachlage, wie von den Schritten des Bischofs
von Chur gaben die Beamten dem Fürsten Anton Florian fleißig
Bericht. Der Fürst glaubte, in dieser Angelegenheit vor keinem
andern Richter, als vor dem Kaiser zu Recht stehen zu müssen und
ließ dem Bischof in diesem Sinne eine Eröffnung machen: wie er
im Wege der Güte und des Rechts geneigt sei, diese Streitsache
durch das Reichsoberhaupt entscheiden zu lassen. Allein der Bischof
von Chur hielt sich an das Kirchenrecht und die geistliche Immuni
tät; der Gegenstand, behauptete er, gehöre nicht vor ein weltliches
Gericht, hier habe allein die Kirche zu sprechen. Da erließ der
Fürst ein scharfes Mandat unter dem 14. Sept. 1720, des wesent
lichen Inhalts: „Mit Mißfallen habe er vernehmen müssen, wie
feindselig der Herr Bischof von Chur, wie aufrührerisch und zum
Theil undankbar und pflichtvergessen der Klerus desselben, insonder
heit die Pfarrer zu Schau, Triefen und Bendern, auch die eigenen
„gebrödctcn" Diener, die drei Hofkapläne, sich gegen ihren Landes
fürsten und dessen Oberbeamte aufgeführt und diejenigen, welche
die landesfürstlichen Rechte zu schützen kraft ihrer Eide gehalten
seien, mit einer vermeintlichen, nichtigen Erkommunikation belegen
und sogar die Hofkapellen in ein Interdikt setzen, mithin die Rolle
des Klägers und Richters sich zugleich anmaßen und die landes
fürstlichen Rechte und Regalien unter dem Deckmantel der Geist
lichkeit mit Füßen treten. Er befehle daher Allen, weß Standes,
Namens oder Würden sie seien, daß sie diesen nichtigen und feindseligen
Kirchenbann und dessen Verkündigern, als offenbaren Friedens
störern und Lärmblasern, die zwischen Vorgesezten und Untergebenen
nichts als Zwietracht, Uneinigkeit und Ungehorsam zu erregen suchen,
nicht das geringste Gehör geben, noch viel weniger die vermeintlich
Gebannten fliehen, ihren Umgang meiden, ihnen den Gehorsam
entziehen, oder sich an ihnen mit Worten oder Werken thätlich ver
greifen, alles bei Leibs- und Lebensstrafe. Auf alle geistlichen Güter,
die im Fürstenthum liegen, auf alle Einkünfte, Mobilien und Effekten
soll bis Auötrag der Sachen Beschlag gelegt und solche obrigkeitlich
verwaltet werden, deßgleichen auf alle durchpassirenden Güter und
Einkünfte, welche dem Bischof von Chur, dem Abt von St. Luzi
und andern graubündnerischen Geistlichen, die auf was immer für
eine Art vom Bischof von Chur abhangen; auch soll nicht der halbe,
sondern der ganze Novalzehnten zur landesfürstlichen Verwaltung
gezogen werden; endlich soll von den, jenen Geistlichen «„gehörigen,
Kapitalien nichts verabfolgt werden, weder Kapital noch Zins, auch
nicht der gewöhnliche Zehnten — alles bei schwerer Strafe, bei
Konfiskation von Hab und Gut, bei Leib- und Lebensstrafen." —
Besonders hart wurden die Pfarrherren zu Schan, Triefen und
Bendern und die „Pflicht- und respektvergeffenen" Hofkapläne behandelt.