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des Geraubten. Man antwortete ihm Bündnerischer Seits: „Ueber
den Grafen selbst hätten die Bünde keine Beschwerde, wohl aber
über dessen Leute; sie hätten den Feinden alle Fußwege gezeigt;
unter den Todten am Fläscherberg hätte man den Anton Sparr von
Klein-Mels erkannt. Auch hätten die Leute des Grafen die von
den Oestreichern in Maienfeld gemachte Beute gekauft und ihnen
geholfen, die Glocken aus dem Kirchlein auf St. Luzis-Steig in die
Grafschaft tragen. Der Graf wolle es nicht übel halten, daß die
Bündner, um den Feind zu vertreiben, in seine Herrschaft, wo er
gelegen, gekommen seien nach Kriegsrecht. Er möge verschaffen,
daß sich kein Feind mehr daselbst lagere und dahin trachten, daß
ein sicherer Frieden geschlossen werde, an welchem ihnen allein ge
legen sei." Der Ueberfall geschah aber, ohne daß die Bünde vorher
sich jemals gegen den Grafen beschwert; sie wußten auch, daß
Gutenberg Oestreich gehörte und der Graf es nicht hindern konnte,
wenn dieses eine Besatzung dort hielt. Uebrigens wiederholten sich
diese Raubzüge, ungeachtet kein Anlaß zu weiterer Feindseligkeit
gegeben wurde. Am 9. August brachen die Bündner abermals von
der Steig herab, trieben 40 Stück groß Vieh und 5 Pferde von
dannen und wiederholten den Einfall aln 25. August, indem sie in
die Schaner-Alp einbrachen und das Vieh wegtrieben. Man ver
stärkte deßhalb in den Alpen die Wachten, schickte Boten nach Ragaz
und an den Landvogt von Sar, daß das geraubte Vieh nicht ver
kauft, sondern den rechtmäßigen Eigenthümern zurückgestellt win^
Der Schaden, welcher den Gemeinden der Grafschaft Vaduz du, '
diese feindlichen Ueberzüge verursacht wurde, belief sich über 11,000 st.
Gleichzeitig brach die andere Abtheilung der Bündner aus dem
Prättigau in das Thal Montafun ein. Von St. Gallen-Kirch
schrieben sie an die vier evangelischen Städte Bern, Zürich, Basel
und Schaffhausen: „Sie hätten wegen des Montafuner-Thals immer
Wachten halten müssen; stets seien Einfälle aus demselben geschehen
und besonders habe Klosters gelitten. Dazu habe Oestreich der drei
Bünde eigenen Lande, nämlich Unterengadin und Münsterthal, inne,
plage und ängstige dieselben mit grausamer Tirannei und habe da
durch die Erbeinigung gebrochen. Sie hoffen, daß diese Gründe
sie bei den vier evangelischen Städten entschuldigen werden."
(10. Juli 1622) Die Montafuner unterhandelten mit den Bündnern
und kauften sich von der Brandschatzung um 4000 fl. los; das ge
raubte Vieh und die übrige Beute blieb jedoch den Bündnern.
Sie rückten bis gen Pludenz, hier trieb sie Graf Alwig von Sulz
zurück. Die Bündner hatten auch den Plan, einen Kriegshaufen
über Galthür den Unterengadinern zu Hülfe zu schicken; es ließen
sich aber nur drei Kompagnien dazu bereit finden: die übrigen
zogen mit der gemachten reichen Beute heim.
Oberst Baldiron feierte auch nicht; mit ihm vereinigte sich Graf
Alwig von Sulz, ein ebenso menschenfreundlicher, als tapferer