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L Graf Kaspar und seine Söhne.
1613 — 1646.
Kaum hatten die Landschaften Baduz und Schellenberg dem
Grafe» Kaspar die Huldigung geleistet, als sie wegen der freien
Hülfe, oder des sogenannten Schnitzes, bestehend in 1276 fl., mit
ihm in Streit geriethen. Er sprach nämlich jene freie Hülfe, laut
Kaufbrief, als eine ewige Gült und bescztes Einkommen an. Thomas
Lampart, Landammann der Landschaft Vaduz, und Leonhard Brendli,
Landammann der Landschaft Schellenberg, behaupteten dagegen:
„Graf Ludwig von Sulz habe ihnen bei dem Verkauf der Herr
schaften zugesichert, daß sie in Zukunft nur die Reichs- und Kreis
anlagen zu bestreiten hätten. Nunmehr aber werde zu dein noch
der Schniz von ihnen verlangt, den sie die lezten zwanzig Jahre
freiwillig übernommen; jedoch mit der Verwahrung, daß sie von
allen Reichs- und Kreisanlagen befreit blieben. Solches habe auch
die vorige Herrschaft treulich gehalten: beides zugleich, den Schniz
und die Reichs- und Kreisanlagen seien sie nicht schuldig. Sie
müßten daher die Bezahlung des Schnitzes auf das bestimmteste ver
weigern."
Als die Sache an die Gemeinden kam, erzeugte sie große Auf
regung. Der Vogt des Grafen Kaspar zu Vaduz berichtete seinem
Herrn (6. Oktober 1613): „Das Volk ist nicht gut gestimmt. Zu
Vaduz und überall am Eschnerberg ist nicht gute Luft. Rudolpb
Senti sprach an der Gemeinde, man müsse alles daran setzen, um
sein Recht zu behaupten. Auch halten die Landschaften geheime Zu
sammenkünfte." — Da gab Graf Kaspar von dieser Stimmung
des Volks und den Ursachen, die sie hervorgerufen, seinem Schwieger
vater, dem Grafen Karl Ludwig von Sulz, Nachricht mit dem
Bemerken, daß er, wenn sich die Behauptung der Herrschaftsleute
als richtig erweise, einen Abzug im Kaufschilling machen werde.
Dies bewog den Grafen Karl Ludwig, selbst in's Land zu kommen
und die Angehörigen beider Landschaften zu einer Gemeinde auf das
Schaner-Ried zu berufen. Hier trug er dem Volke vor: „Wie
vermöge Reichstagsbcschlusses vom Jahr 1530 die Stände des heil,
römischen Reiches ermächtigt seien, ihre Unterthanen um freie Hülfe
für die Reichsanlagen anzusprechen. Sie hätten ihm dieselbe ge
leistet. Nun sei aber dieses Recht auf seinen Nachfolger überge
gangen. Er hege das Vertrauen zu ihnen, daß sie dieses erkennen
und ihre Schuldigkeit thun werden. Sie würden wohl nicht ver
gessen haben, wie seine Vorfahren und er die Landschaft stets milde
und freundlich behandelt und sie nach Kräften bei Rechten und
Ehren geschüzt. Zugleich verwies er ihnen die strafbaren Zusammen
rottungen, so sie dieser Sache halb gemacht."
Die Stände des Reiches erhielten jenes Recht, aber nur für
außerordentliche Fälle, insonderheit wegen der Türkenkriege; nun