Volltext: Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein

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Einen traurigen Beweis, wie tief das Bolk in Aberglauben 
und Unwissenheit versunken war, geben die Herenprozesse, welche 
um diese Zeit in der Landschaft Vaduz ihren Anfang nehmen, und 
nachdem sie mehrere Opfer auf den Scheiterhaufen gebracht, eine 
Zeitlang erstillen, um desto furchtbarer wieder auszubrcchen. Den 
5. Oktober 1598 begehrten die Geschwornen aus den Gemeinden 
der obern Landschaft einen Audienztag. Sie erhielten ihn und nun 
traten vor den Landvogt, den Landammännern beider Landschaften 
und dem Landschreiber zuerst die Geschwornen ab dem Triesnerberg 
auf und berichteten: 
„Große Klage sei am Berge, daß die Leute nicht Schmalz 
machen könnten. Leute und Vieh erkranken, solches gehe nicht mit 
rechten Dingen zu. Sie wollen gebührende Anzeige machen, damit 
man diejenigen greife, welche daran Schuld seien. „Im Erbli", 
so erzählte hierauf einer der Geschwornen vom Berg, sei ihm ein 
Fuchs entgegen gekommen und als er nach ihm habe schlagen und 
werfen wollen, sei er nicht gewichen, sondern habe sich allmälig 
erhoben und sei zu einem Menschen worden. Da habe er gesehen, 
daß es das Weib Greta sei und er habe zu ihr gesagt: „Ich habe 
nie glauben wollen, daß so etwas hinter Dir stecke, ich werde Dich 
aber anzeigen." Da habe sie ihm entgegnet: „Es wird Dir eine 
schlechte Ehre sein, wenn Du mich an den Galgen bringst; wir 
sind ja Geschwisterkinder." — 
Die Geschwornen von Balzers trugen vor: „Das Kirchenwachs 
wolle sich nicht zu Kerzen formen lassen. Die Ursache sei das Weib 
Ottilia. Als der Kirchenpfleger das Wachs von Feldkirch gebracht, 
habe sie ihren Gürtel zu demselben gethan. Ferner, als das Weib 
Rosina vom Triesnerberg in Balzers gewesen und Abends wieder 
heim gegangen, seien zwei Schweine aus dem Stall des Jos Fritsch 
ihr auf den Berg nachgelaufen und drei Tage ausgeblieben." 
Die Geschwornen von Triefen trugen vor: „Bei Lienhard Barvier 
sei ein Weib von Schan über Nacht gewesen und da er sich mit seiner 
Frau zu Bett gelegt, so sei dasselbe Weib im Haus und der Stube um- 
hergerutscht und habe gegrunzt wie ein junges Schwein. Leztlich 
sei sie zu dem Fenster hinausgefahren. Lienhard habe ihr nachge 
sehen und noch eine Frau bei ihr bemerkt. Gegen Tag am Morgen 
sei sie wieder zum Fenster hereingefahren. Auch sei einigen Bauern 
das Vieh erkrankt und hätten nicht schmalzen können. Einem sei eine 
Kuh wüthend worden, über alle Zäume weg und leztlich in den Rhein 
gesprungen. Man habe deßhalb das Weib Nesa im Verdacht." 
Die Geschwornen von Vaduz zeigten an: „Dem Hand Maurer sei 
eine Kuh erkrankt, weil etwa 10 Tage zuvor das Weib Greta der 
selben mit der Hand über den Rücken gefahren sei. Das gleiche Weib 
sei zu einem andern Landmann in den Stall gekommen und habe ge 
sagt : Er habe viel Milch und Schmalz. Tags daraus sei demselben 
die Kuh erkrankt und in 8 Tagen abgangen."
	        

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