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können, so soll die Gemeinde, in die sie gehören, dieselben erhalten
und würde die Spende nicht so viel ertragen, so soll alle Sonn-
und Feiertag der Pfarrer auf der Kanzel der Armen gedenken und
die Spendmeister mit einem offenen Schüsselein Almosen sammeln
in der Kirche und jeder geben nach seinem Willen. Der Armen
und Bresthaften sich anzunehmen und sie geziemend zu versorgen,
wird jeder Gemeinde empfohlen und alle werden aufgefordert bei
Christenpflicht, solchem gottgefälligen Werke nachzukommen. Solche
aber, die gesund und stark sind und arbeiten können, haben keinen
Anspruch an Unterstützung, noch viel weniger soll man arbeitsfähige
Kinder zum Betteln zulassen, sondern die Eltern, welche solches
thäten, sollen zur Rechenschaft gezogen werden. Niemand soll fremde
Personen länger als eine Nacht beherbergen und speisen, bei Strafe
von 1 Pfund. Gartknechte, (herrenlose Leute) und andere werklose
Leute sollen nicht im Lande geduldet, sondern fortgeschafft werden
und falls sie sich zur Wehre setzen, sollen die Nachbarn einander
beistehen. Jährlich sollen, nach Gestalt der Dinge, drei oder mehr
„Streifen" gemacht werden im ganzen Lande, Wälder, Grenzen,
Heuhäuser und andere verdächtige Orte durchsucht und die „arg
wöhnischen Personen", so man da betritt, sollen in Verhaft genommen,
untersucht, bestraft und aus dem Lande gewiesen werden. Das
Gleiche soll mit den Zigeunern geschehen.
So gibt diese Polizeiordnung ein treues Bild von dem sittlichen
und gesellschaftlichen Zustande, der damals in den Landschaften zu
Vaduz und Schellenberg herrschte, und von dem Geiste, mit welchem
die Obrigkeit für ihre Untergebenen sorgte. Damals fielen die
nördlichen Provinzen der Niederlande von Spanien ab und behaup
teten sich. So entstund ein neuer Staat, die Republik Holland
oder die Generalstaaten; sie wurden zur See sehr mächtig und thaten
den Spaniern großen Schaden. In Ungarn und Siebenbürgen
dauerte der Krieg mit den Türken mit Unterbrechungen fort. Kaiser-
Rudolph II hatte seine Residenz in Prag, ließ sich von Spanien
und den Jesuiten leiten und that wenig für das Reich, welches
durch verschiedene Händel beunruhigt wurde. Unter diesen Umständen
dauerte die Reichshülse fort. Die fünf Jahre, binnen welchen
Vaduz, Schellenberg und Blumenegg ihren Beitrag zur Reichshülfe
zu leisten versprochen hatten, waren verstrichen, sie wurden aufs
Neue um die Bezahlung derselben angegangen und übernahmen sie
abcrmal auf 5 Jahre. Von da an blieb der Schluß eine bleibende /
Last (1590).
Um diese Zeit entstand ein langwieriger Streit zwischen der
Herrschaft Sulz und den Vögten von Gutenberg. Es wurde früher
gemeldet, wie Gutenberg als östreichisches Lehen an die Herren von
Ramschwag kam. Ulrich von Ramschwag, der im Schwabenkrieg
Gutenberg so tapfer vertheidigte, erzeugte mit Elisabeth von Marmels
zwei Söhne: Balthasar und Hans Donat. Balthasar erhielt