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derselben sollten alle am Rhein liegenden Gemeinden ein sorgfältiges
Augenmerk auf alles haben, was jenseits desselben vorging und von
jeglicher Gefahr der Obrigkeit sogleich Kenntniß geben. Vorzüglich
sollte man Schiffe und Fähren wohl verwahren, fleißig Kundschaft
und Aufsehen haben, und im Fall einer Empörung oder eines
Aufstandes jenseits des Rheines soll sich Niemand dieser Dinge
annehmen, um keinen Anlaß zum Krieg zu geben. Wäre ein Ucber-
fall zu besorgen, so soll man die Posten am Rhein verstärken und
im Nothfall den Sturm ergehen lassen. Das Lärmzeichen in solchen
Fällen waren drei Schüsse aus einer „mannhaften Büchse" von
einem Schloß zum andern, von Gutenberg auf Vaduz, von Vaduz
auf den Thurm zu Wendern, von dem Thurm zu Wendern nach
Feldkirch, von da auf Neuburg, von Neuburg auf Ems und von
da weiter bis Bregenz. Zugleich wurden reitende Boten geschickt
und der Sturm erging allenthalben. Im Fall, daß der Feind im
untern Rheinthal einbrach, hatte sich die Mannschaft auf Dornbirn
zu verfügen; brach er aber in die Landschaft Vaduz oder Schellen
berg ein, so war Nankwil der Sammelplaz für das Volk im Vor
arlberg, wo dann nach Gestalt der Sache die weitern Maßnahmen
getroffen wurden. Jeder Waffenfähige mußte sich mit Gewehr und
Harnisch versehen und in jedem Gericht mußten die nöthigen Haupt
leute bestellt werden. Jährlich wurden Hauptmusterungen gehalten,
wobei man Gewehr und Waffen untersuchte und den wehrhaften
Stand der Mannschaft prüfte.
Graf Rudolph war Statthalter des römischen Königs Ferdinand
zu Jnnspruck. Als solcher schlichtete er die Irrungen und Späne,
welche zwischen der Herrschaft Tirol und den drei Bünden wegen
der Gotteshausleute im Vintschgau, wegen der östreichischen Gerecht
same im Unterengadin, im Prättigau und zu Räzüns entstanden
waren (1534). Er war vermählt mit der Gräfin Margaretha von
Waldburg-Sonnenberg, starb 1535 und hinterließ einen einzigen
Sohn, Johann Ludwig.
Aus den zahlreichen Urfehden (d. i. feierlichen Erklärungen,
daß man sich wegen erlittener Strafe an der Herrschaft auf keine
Weise rächen, deßhalb auch keinerlei auswärtiges Gericht, weder
geistliches noch weltliches suchen wolle) ergibt sich manches, was
uns in den sittlichen und rechtlichen Zustand damaliger Zeit einen
Blick thun läßt. Wir wollen nur einige anführen und zwar solche,
die ausgestorbene Geschlechter betreffen.
1509. Ludwig Gez von Vaduz hatte im verwicheneichFeldzug
nach Bregenz eine Tonne mit Häringen, drei Säcke Haber, zwei
Säcke Roggen, einen Sack mit Kernen gestohlen, den Leuten falsche
Rechnungen gestellt und vielfachen Betrug geübt. Er wurde zum
Tode verurtheilt. Das Leben wurde ihm jedoch geschenkt, aber er
sollte fortan in kern Haus treten, wo „Biederleute" wohnen, „kein
lang Messer" oder Degen soll er mehr tragen, sondern nur „ein