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durch die Kirche hinlänglich festgesezt sei und keiner solchen Disputation
bedürfe. Es führte dieselbe auch zu keinem andern Ergebniß, als
daß sich die Kluft zwischen beiden Parteien erweiterte und der
Bundestag allen Bündnern die Wahl zwischen dem alten und neuen
Glaubensbekenntniß frei gab, mit Ausschluß jedoch aller andern
Sekten: Niemand sollte der Religion wegen verfolgt werden. Dabei
blieb aber der Bundestag nicht stehen, er entzog dem Bischof alle
weltlichen Rechte, übergab die Pfarrwahlen den Gemeinden und
verordnete: daß die Klöster keine Novizen mehr annehmen sollten,
daß die Domherren Bündner sein müssen und in Zukunft den
Bischof mit Zuziehung des Raths vom Gotteshausbunde zu wählen
haben. Voll gerechten Unwillens über solche Beschlüsse verließ der
Bischof Chur und begab sich nach Fürstenburg im Vintschgau.
Theodor Schlegel, Abt zu St. Luzi, war in freundschaftliche
Beziehungen zu Jakob Angelus, dem Erzpriester zu Mazzo im Veltlin,
gekommen, der später unter dem Namen Pius IV Papst wurde.
Es wurde unter beiden Freunden auch die Frage verhandelt, wie
dem betrübten Zustande der Katholiken in Bünden abzuhelfen sein
möchte. Dabei erschien eine Resignation des Bischofs Paul als
das zweckmäßigste Mittel, da derselbe ohnehin mit einem solchen
Plane umging. Auch schickte er wirklich im Jahr 1528 eine Ent
sagungsurkunde an das Domkapitel zu Chur ein. An seine Stelle
sollte der Erzpricster Jakob Angelus kommen. Die Sache, so un
schuldig sie an sich selber war, bekam wegen der Personen, die als
handelnd erschienen und wegen des feindlichen Verhältnisses, in dem
damals die drei Bünde zu dem Bruder des Erzpriesters, dem Jakob
von Medicis, Kastellan von Müß, standen, ein anderes Ansehen,
zumal bei der aufgeregten Stimmung, in welcher die drei Bünde
durch die Prediger der neuen Lehre erhalten wurden. Jakob von
Medicis war im Dienste des Herzogs von Mailand, nahm Stadt
und Schloß Kläven, fiel in's Veltlin und besezte Morbegno. Zwar
wurde er von hier vertrieben, wiederholte aber seine Einfälle,
nahm die Gesandten der drei Bünde bei ihrer Rückkehr von Mailand
gefangen und ließ sie nur gegen großes Lösegeld frei. Die Schwester
des Kastellans und Erzpricsters war dem Grafen Wolfgang Dietrich
von Hohenems verlobt. Dem Geleite, das die Braut abholte, ging
auch der Abt von St. Luzi entgegen. Von dem Kastellan von
Müß und dem Grafen von Hohenems, der Vogt in Pludenz war,
ging das Gerücht, daß sie sich verschworen hätten gegen die drei
Bünde und dieselben von Norden und Süden her zu überziehen
gedächten. Da nun der Abt mit beiden Herren bekannt war, auch
Kenntniß von dem Plane des Bischofs Paul hatte, zu Gunsten des
Erzpriesters Jakob Angelus abzudanken, und überhaupt in der
Behauptung seines Glaubens und seiner Rechte große Festigkeit
bewies, gab dies alles seinen Feinden den Vorwand, ihn gefangen
zu setzen und vor ein Strafgericht zu stellen. „Er habe, lautete