Volltext: Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein

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Frieden aber sezte sie wieder in den Besiz all ihrer Herrschaften 
und Graf Rudolph erneuerte das Bürgerrecht mit Zürich. Der Tod 
seiner Oheime, der Freiherren Ludwig und Sigmund von Brandis, 
welche kinderlos nach einander wegstarben, brachte ihm einen schönen 
Zuwachs an Gütern, da von dem brandisischen Geschlecht kein 
Sprößling mehr übrig war, als der alte Dompropst Johann zu 
Chur (fl 1514). 
Ueber hundert Jahre stunden die Herrschaften Vaduz, Schellen- 
bcrg und Blumenegg unter den Grafen von Sulz. Es war dies 
eine Zeit, da in Europa, ja in der ganzen Welt große und wichtige 
Veränderungen vorgingen. Andere Meinungen, Gedanken und An 
sichten über Religion und Kirche, über den Staat und die Grundlagen 
der menschlichen Gesellschaft kamen auf; denjenigen, welche an der 
Betrachtung der Natur, ihrer Produkte, Erscheinungen und Kräfte 
Freude hatten, bot sich durch die Entdeckung fremder Weltthcilc ein 
weit größeres Feld, als früher. Der Adel stieg allmälig von seinen 
Burgen herab, die Turniere und Ritterspiele hörten auf. Alles 
nahm einen mehr bürgerlichen Charakter an. Die Spanier, Por 
tugiesen und Engländer fegten sich in der neuen Welt, in Amerika 
und Ostindien fest, die alten Handelswege wurden verlassen und 
neue eingeschlagen. Die Reformation bewirkte, daß ein großer Theil 
von Deutschland, von der Schweiz, von Frankreich, von den Nieder 
landen, daß Schweden, Dänemark, Norwegen und England vom 
alten Glauben abfielen und ein solcher Abfall nur mit Mühe in 
Spanien und selbst in Italien abgewehrt wurde. Auch am Himmel 
machte man Entdeckungen und fand, daß die Sonne sich nicht um 
die Erde bewege, wie man bisher irrig gelehrt hatte, sondern um 
gekehrt die Erde um die Sonne, und verbesserte den Kalender. 
Das deutsche Reich wurde in seiner Grundlage erschüttert; denn 
es beruhte auf dem alten Glauben, der in der Römischen Kirche 
lebt, und nun traten so viele seiner Glieder zu dem neuen Glauben 
über. Von diesem Schlage, der die Zwietracht in sein inneres 
Leben pflanzte, erholte es sich nicht mehr. Bald schlossen die evan 
gelischen oder neugläubigen Stände besondere Bündnisse, was die 
katholischen zu ähnlichen Maßnahmen bewog. So theilte sich das 
deutsche Reich in zwei Parteien, die einander drohend und bewaffnet 
gegenüber standen. Der Orden der Jesuiten, welcher in dieser Zeit 
aufkam und eine unglaublich schnelle Verbreitung über alle Länder 
der Christenheit fand, wehrte zwar größerem Abfalle, machte sich 
aber dadurch verhaßt und gefährlich, daß er einen entscheidenden 
Einfluß auf die politischen Angelegenheiten Europas gewann. Auch 
die große Kirchenversammlung zu Trient, welche mit vieler Mühe 
zu Stande gebracht wurde, konnte den Riß nicht heilen. Die Pro 
testanten blieben fern von ihr und so gab sie ihre Vorschriften in 
Zucht und Lehre für die katholische Kirche und verdammte die 
davon abweichenden Meinungen und Lehren. Das Volk, unter der
	        

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