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sein Bruder Sigmund keinen Widerstand leistete, indem die Sache
vorher unter ihnen abgeredet war. Es geschah dies Donnerstag
nach Maria Lichtmeß. Ludwig von Brandis gab von diesem Ereigniß
dem schwäbischen Bunde Nachricht in einem Briefe, den er Abends
6 Uhr schrieb, worin er meldet: „Um drei Uhr sei die Steig ge
nommen worden, man habe da viel Leute erstochen und ertränkt."
Die Steig wurde mit 200 (nach andern 500) Mann besezt, meist
Leuten aus den Herrschaften Ludwig's von Brandis, mit Wallgauern
und Bregenzerwäldern. Daß die Bünde die Steig besezt hielten
und den Paß nicht öffnen wollten, sah Hans von Bodmann als
Zeichen an, daß sie der Richtung im Bintschgau nicht trauten und
rechtfertigte dadurch sein Benehmen (Schreiben desselben an Bischof
Heinrich von Chur, Donnerstag nach Maria Lichtmeß). Die Bündner
aber beschuldigten Ludwig von Brandis, daß er, der zudem noch
ihr Bundsmann sei, zuerst und ohne Absage die Feindseligkeiten
gegen sie begonnen; ihm sei der Paß in die Bünde nicht verwehrt
gewesen, sondern bloß dem fremden Kriegsvolk. Etliche von den
Knechten, die aus der Steig lagen, wollten in St. Luzius Kapelle
Quartier nehmen, welche der Heilige nach einer frommen Sage
mit eigener Hand erbaut. Da erschien ihnen ein Mann in weißem
Kleid sichtbarlich und befahl ihnen aus der Kapelle zu gehen: Dem
konnten sie nicht widerstehen; sie wollten nun dem Heiligen sein
Haus verbrennen; aber das Feuer erlosch jedes Mal wieder. Das
waren große Zeichen von dem lieben Herrn St. Luzi. So erzählt
ein Mann, der diesen Krieg erlebt und beschrieben.
Der Zug auf Maienfeld geschah besonders wegen der Reichs
gerichte (der Oestreich zuständigen Gerichte im Prättigau). Man
glaubte, daß die Eidgenossen es auf dieselben abgesehen hätten und
daß, wenn man ihnen zuvor käme, die Gerichte dem Kaiser treu
bleiben würden. Bischof Hugo von Constanz arbeitete unablässig
am Frieden. Die Zürcher schrieben ihm aber: „die unchristlichen
Worte der Angehörigen des schwäbischen Bundes gegen die Eidge
nossen erzürnen den gemeinen Mann: wo diese nicht vermindert
werden, haben sie Sorge, ihre Gemeinde in Ruhe zu erhalten."
„Die schändlichen, unchristlichen Wort von dem Zusaz auf Guten
berg" brachten die Eidgenossen über den Rhein, wie erzählt. Daß
sie „einen Brand unter Gutenberg angestoßen," erklärte der schwä
bische Bund für einen Bruch des Waffenstillstandes; er war „auf
den Krieg fast begierig" und dennoch gestand man: „Es sei großer
Mangel an geübten Kriegsleuten vom Adel und sonst auch."
Die Einnahme von Maienfeld geschah Donnerstags. Nachts
kam die Kunde davon nach Chur. Bestürzung und Schrecken überfiel
das gemeine Volk; alles waffnete, Geistliche und Weltliche, und
man blieb die Nacht durch unter Waffen, den Urnern wurden
Boten nachgeschickt, sie zur Umkehr zu mahnen: Boten gingen in's
Sarganserland und gen Azmos und Werdenberg, klagten den