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der Schaden, der dem Hochstift zugefügt worden, soll durch Schieds
richter ermittelt und vom Herzog erfezt werden.
Wie feine Vorgänger, gerieth auch Bischof Ortlieb mit der
Stadt Chur in Streitigkeiten. Sie war im Jahr 1464 abgebrannt
und schickte Abgeordnete an Kaiser Friedrich III um Bestätigung
ihrer alten Freiheiten und Gerechtsame. „Sie hätten das Recht,
sagten sie, daß sie sich Bürgermeister und Rath schreiben dürften;
daß man die Bürger und Angehörigen der Stadt nicht vor aus
wärtige Hof- und Landgerichte laden dürfe; daß sie Aechter und
Aberächter auf ihrem Gebiet hausen und hosen dürsten. Sie hätten
auch ein Kauf- und Lagerhaus gehabt, deßgleichen die Münze, wie
Constanz und andere Städte. Run wären ihre Dokumente ver
brannt, sie bäten daher um Bestätigung obiger Rechte durch eine
neue Urkunde." Der Kaiser gab ihnen dieselbe und erlaubte dem
Bürgermeister und Rath und der Gemeinde zu Chur die Reichsvogtei,
welche Bischof Ortlieb vom Reich zum Pfand habe, einzulösen, und
sie als Pfand vom Reiche zu besitzen mit dem Versprechen, daß
weder er, noch seine Nachfolger in den nächsten 16 Jahren gedachte
Vogtei „ledigen" werden. Die Stadt soll ferner die Freiheit haben:
Zunft- und Zunstrecht zu ordnen, hohe und niedere Gerichte zu
hegen, jedes Erbgut, ob geistlich ober weltlich, mit Steuern, Diensten,
„Werchgeld und Usschlag" zu belegen und den halben Theil des
Umgelds zu genießen. Durch diese Urkunde erhielt die Stadt Chur
die Rechte einer freien Reichsstadt und sie machte alsbald Gebrauch
davon. Alle öffentlichen Akten wurden unter dem Stadtsiegel ausge
fertigt. Dem Bischof blieben keine hoheitlichen Rechte mehr. Die
Stadt suchte auch die vier Dörfer Trimmis, Jgis, Zizers und
Untervatz, mit denen sie sich schon 1440 an den grauen Bund
angeschlossen hatte, zu ihrem Gebiet zu machen. Standhaft und nach
drücklich widersezte sich der Bischof den Uebergriffen und Gewalt
thätigkeiten der Stadt. Graf Georg von Werdenberg-Sargans,
der graue Bund und die zehn Gerichte vermittelten: die Sache
kam zur Entscheidung an die drei Bünde (1483). Bischof Ortlieb
wandte sich an den Kaiser, das gleiche that Chur. Dieser erklärte
in einer Urkunde (1488): „er habe das Recht, den Rath in der
Stadt Chur zu setzen, die Vogtei daselbst sammt den vier Dörfern,
ferner das Ammann-, Vizthum- und Präfekten-Amt in gedachter
Stadt zu vergeben, dem Bischöfe versezt; er erlaube daher der
Stadt Chur obige Rechte vom Bischof Ortlieb einzulösen und sie
als Reichspfand zu besitzen, doch mit Vorbehalt der Wiedereinlö
sung." Dies erzeugte neue Mißhelligkeiten. Bischof Ortlieb machte
Vorstellungen, wies die Rechte nach, welche dem Hochstift an die
vier Dörfer, an die Zölle, und über die Besetzung des Ammann-,
Vizthum- und Präfekten-Amteö in der Stadt ^hur zustehen. Die
drei Bünde legten sich in's Mittel, und vom Kaiser kam ein Schreiben,,
welches der Stadt Chur das Recht der Einlösung der Reichsvogtei