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gegen einen bestimmten Lehenzins abgelassen. Endlich gab es Grund-
besiz, welcher frei war, d. i. keinem Herrn zins- oder dienstbar war.
Allein, weil der Graf Grundherr war, vermöge der kaiserlichen Be
lehnung, waren die Eigenthümer doch zu Schuzgeld und Diensten
verpflichtet; sie konnten aber ihr Gut frei veräußern und ohne Abzug
hinziehen, wohin sie wollten. Es gab sonach dreierlei Klassen von
Leuten zu Vaduz und am Eschnerberg.
1) Edle. Zu diesen gehörten die Herren von Trisun, welche
aber um diese Zeit ausstarben (die von Gutenberg und Reichen
stein verschwanden im Bauernstand); das Geschlecht der Junker
Vaistli, welches in Vaduz und Triefen begütert war; deßgleichen /
der rätische Zweig der Herren von Schellenberg, welcher auch Be
sitzungen in Chur, doch meist als bischöfliche Lehen, hatte, aber in
dieser Zeit erlosch.
2) Freie. Zu diesen gehörten die Walser oder Walliser am
Triesnerberge, und andere Freie in beiden Herrschaften.
3) Kolonen und Eigenleute.
Die leztern hatten überall hm, so weit die alte Centgrafschaft
„im Boden" reichte, d. i. bis an den Arlberg, bis zum Wallensee,
bis zur Lanquart und zum Bodensee freien Zug. Ihre Frohn-
dienste waren bestimmt und gemessen; sie konnten ihr Eigenthum
ohne Entrichtung des „Falles und Geläßes" (es wird auch in
spätern Urbarien nichts davon erwähnt) vererben. Veräußerungen
an Auswärtige, oder solche, die nicht zur Verwandtschaft gehörten,
durften nur mit Bewilligung des Herrn geschehen. Wer Geld auf
nehmen wollte, mußte dem Darleiher einen jährlichen ewigen Zins,
gewöhnlich in Naturalien, ab seinem Gut verschreiben. Eine solche
Verschreibung mußte jedoch mit Bewilligung des Herrn geschehen,
weil dieser sich als Oberlehnsherr ansah und der Darleiher gegen
allfällige Einsprachen desselben gesichert sein wollte. Dadurch wurde
auch das leichtsinnige Schuldenmachen verhütet und die Leute gegen
Verarmung geschüzt. Es bestand kein Unterschied zwischen Eigen-
und freien Leuten, als daß die erstern nur bedingtes, leztere unbe- ;
dingtcs Abzugsrecht hatten für Personen und Eigenthum. Nur
die Ausbürger von Feldkirch machten eine Ausnahme, indem sie
nicht an die Herrschaft steuern und zinsen und keine Dienste leisten
wollten, da sie dies schon an die Stadt thäten, und so lange diese
ihre Ausbürger bei solchem Rechte zu schützen vermochte, blieb es
auch bestehen.
Was die Gesetze, oder das Recht betrifft, so galt im Allgemeinen
das schwäbische Landrecht; doch hatte sich ein besonderes Gewohn
heitsrecht gebildet, welches sich unter dem Namen „Landsbrauch"
Jahrhunderte lang erhielt und erst in neuern Zeiten mancherlei
Veränderungen erlitt und endlich ganz abgeschafft wurde. Bei dem
Erbrecht galt als Grundsaz, daß das Vermögen zurückfiel „auf die
nächste Freundschaft zum väterlichen und mütterlichen Stamm."