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sie haben die Oberfläche des Bodens vielfältig verändert und gegen
den Fuß des Gebirges erhöht. Nie erlöschen diese Rüfinen, sie
brechen bald da und bald dort los, besonders auch in Folge un
vorsichtiger Abholzung der Bergwälder. Wie vom Gebirg, ist das
Land vom Rhein bedroht, der den Rinnsaal ändert und sein Bett
erhöht. Darum sind seit alten Zeiten in diesem Lande, außer der
Feuernoth, drei Nöthen bekannt: Rüfinoth, Rheinnoth und Fönnoth,
die leztere vorzüglich im südlichen Theil der Grafschaft. Jeder im
Lande, „der eigne Speise kochte", war nach altem Herkommen ver
pflichtet, in diesen Nöthen „mit Leib und Vieh" Hülfe zu leisten.
Den größten Theil der Grafschaft nimmt das Alpenland ein; doch
steigen die Gebirge nirgend viel über 7000 Fuß. Hier gab es
Bären, Wölfe und Luchse, die erstern sind längst, leztere seit 50 Jahren
ausgerottet. An Gemsen und Murmelthieren oder Purmenteln, wie
sie das Volk nennt, hat es keinen Mangel. In der Alp Valors
grub man vor 200 Jahren noch Eisenerz. Alle Alpen haben räto
romanische Namen, wie Garsella, Gapfal, Saroia, Gaffadura,
Lawena und andere.
Zur Grafschaft Vaduz gehört die Herrschaft Schellenberg; sie
bildet den nördlichen Theil derselben und besteht aus einem frucht
baren Hügel zwischen dem Rhein und der Jll. Er steigt von
Bendern staffelförmig an, bildet dann in der Mitte eine Vertiefung;
von diesem staffelförmigen Ansteigen soll der rätoromanische Name
Scalämont stammen, der dann in Schellenberg umgewandelt worden.
Die Hügelränder sind theilweise mit Wald bewachsen. Die sanften
Abhänge und Halden bilden ein anmuthiges und fruchtbares Ge
lände. Auf dem Rücken des Hügels, über den in alten Zeiten die
Straße nach Feldkirch ging, bei den Ruinen der Burg Neuschellen
berg genießt man eine überaus freundliche und liebliche Aussicht
abwärts durch das Rheinthal bis zum Bodensee, aufwärts zu den
Bündner-Alpen, einwärts durch das Jllthal zum Arlberg und gegen
Westen erhebt sich steil das Felsenhaupt des Kamor. Der Hügel
trägt den Namen Eschnerberg von dem Dorfe Eschen, das an seinem
Fuße liegt.
Das Ländchen hat ein mildes Klima, es ist großentheils gegen
den Nordwind geschüzt und dem Föhn offen, welcher das Reifen
der Früchte befördert, aber durch seine drückende Hitze, zumal in
den Sommermonaten, in dem engen Thale oft lästig wird und
beklemmend auf das Gemüth wirkt. Sonst gedeihen alle Arten von
Früchten in dem Ländchen, Weizen, Korn, Wein und Obst. Die
Aussicht ist nirgend weit, wenn man nicht die Höhen besteigt, zumal
den Schönenberg, der eine herrliche Fernsicht gewährt, jedoch erhaben
und freundlich zugleich und mannigfaltig, indem der Blick bald auf
himmelragcnde Felsmaffen, bald auf zerstreute Wohnungen der
Menschen an den vorspringenden Berghalden, bald auf schöne Reb-
gelände uird zwischen Bäumen versteckte Dörfer, bald auf den Strom