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Auch die Lombarden, welche sich gefreut hatten, daß ein Welfe zum
Kaiserthum gelangte, änderten ihre Gesinnung, als sie sahen, daß
Otto I V hinsichtlich der Reichsgüter und Reichsrechte dasselbe Ver
fahren einschlage, wie die Hohenstaufen, oder Gibellinen. In
Deutschland zündete der Bannstrahl; das Volk ward des Eides
der Treue entbunden, und die Großen wurden aufgefordert, sich
für Friedrich II zu erklären. Da schöpfte die gibellinische Partei
neue Hoffnungen und sandte Anselm von Jusringen nach Sizilien
ab, um Friedrich II nach Deutschland herbei zu holen. Diese
Umstände nöthigten Otto IV Italien schleunig zu verlassen.
3. Friedrich II. Hugos I Ende.
Troz den Bitten seiner Gemahlin, Constantia von Aragonien,
und den Abmahnungen seiner Räthe, folgte Friedrich II dem Rufe
nach Deutschland, eilte nach Rom, wo er den Segen des Papstes
empfing, und kam nicht ohne Gefahr, da die Wege überall verlegt
waren, über Trient durch das Vintschgau und Engadin nach Chur
(1212). Hier nahm seit 1210 den bischöflichen Stuhl Arnold von
Mätsch ein, aus einem sehr gibellinisch-gesinntcn Hause; denn Egino,
Arnold's Bruder, war Heinrich VI, dem Vater Friedrich's II mit
40 gerüsteten Mannen zugezogen und hatte ihm ein Jahr lang
in Italien gedient. Für die 40 Mark Silbers, die ihm Heinrich VI
deßhalb schuldig wurde, erbielt er das Veltlin mit der Burg Trisive
vom Comersee bis zum Wormsersoch zum Pfande. Mit großen
Ehren empfing Bischof Arnold Friedrich II, seinen König und
Herrn und geleitete ihn mit seinen Vasallen. Diesem Zuge schloß
sich auch Graf Hugo I von Montfort an, Heinrich von Sar und
dessen Bruder Udalrich, Abt zu St. Gallen, der den König über
den Ruppen in sein Stift und von da nach Constanz geleitete.
Roch zur rechten Zeit erreichte Friedrich II diese Stadt; denn schon
war Otto IV in Eilmärschen bis Ueberlingen vorgedrungen, zog
sich aber zurück, als er die Ankunft seines Gegners in Constanz
vernahm.
Friedrich II nahm seinen Weg rheinabwärts: alle alten Freunde
seines Hauses fielen ihm zu; die Stände in Oberdcutschland erklärten
sich für ihn, und bald auch die in Ricderdeutschland nach Otto's IV
kinderlosem Hintritt (1218). Dankbar stellte der Kaiser dem Bischof
Arnold von Chur eine Urkunde aus (1213), worin er die Schirm
vogtei des Hochstifts übernahm und demselben alle Freiheiten, die
cs von den frühern Kaisern erlangt, bestätigte. Eben so bestätigte
er dem Gotteshaus St. Luzi den Besiz der Kirche zu Bendern
(1214). Fünf Jahre früher (1209) hatte Papst Jnnocen; III dem
genannten Kloster eine Urkunde ausgestellt, durch welche ihm der
Besiz aller seiner Güter und namentlich auch dersenigen der Kirche