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wurden. Dann nahm ihn die Hausfrau bei der Hand und
führte ihn in die Kirche, wo sich, während er von Frauen
umdrängt wurde, eine schöne Messe anhob. Hier diente er Gott
allerdings sehr wenig, denn seine Gedanken wurden ganz ge
fangen genommen von den schönen Augen, dem süßen Blick,
der Anmuth und der Schönheit einer Dame, deren Anblick,
deren süße Worte aus rosenfarbenem Munde ihm in das Herz
drangen. Aber die Pflicht der „Stete", der Treue, bewahrte
ihn, daß ihm die Sinne nicht genommen wurden. Jedoch war
er so in Gedanken versunken, daß er erst wieder zu sich kam,
als ein anderer Geistlicher das Evangelium anhub. Als er
dann zum Opfer ging, wollte er der Hausfrau den Vortritt
lassen; sie aber weigerte sich dessen, weil es sich ihr nicht ge
zieme, einer Königin voran zu gehen. So ging er voraus, aber,
bemüht nach Frauenweise zu gehen, machte er nur händebreite
Schritte, worüber viel gelacht wurde. Als er wieder an seinen
Platz gekommen, brachte man das Pace an einem Buche dar
und er nahm es nach Franenweise und bot es jener Schönen,
die ihn so gefesselt hatte. Sie aber verweigerte den Kuß an
zunehmen, weil man ihn ja für einen Mann halte. Nach
beendigter Messe verabschiedete er sich wieder und nahm, treu
seinem Gelübde, den angebotenen Imbiß nicht an.
Von Feldsberg ging die Fahrt über die Taya hinüber
auf mährisches, damals zur Krone Böhmens gehöriges Gebiet,
wo sich die Fahrt endigen sollte. Hier auf einer schönen Aue
wurde zum letzten Mal ein großes Stechen gehalten. Es waren
gegen hundert Ritter anwesend und wiederum rannten zum
öfter» ihrer mehrere gegen Ulrich. Nachdem dieser sich auch
hier ritterlich bewährt hatte, trat der Marschalk an ihn heran,
und sagte ihm, daß hier nunmehr seine Fahrt geendet sei. Das
geschah aller Wahrscheinlichkeit nach dicht bei Eisgrub über der
nächsten Tayabrücke bei Feldsberg, wo also die Vennsfahrt
ihr Ende fand. Als Ulrich noch eine Weile dem Ritterspiele
auf dem Felde zugeschaut, entwaffnete er sich im Gehölz, nahm