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in dieser Gegend wohne kein Ritter, aber es werde ein win-
dischcs Weib kommen, mit der Königin Ritterschaft zu pflegen.
Nach einigen höflichen Reden gab Ulrich diesen Kampf lachend
zu, und es erschien Otto von Buchenau mit Ohrgehängen am
Helm, mit zwei langen gelben Zöpfen, die sich bis auf den
Sattel schwangen und in einem windischen Weiberkleid, genannt
Godehsen. Beide Frauen rannten nun gegen einander, daß die
Speere durch die Schilde fuhren und zerkrachten.
Rach verschiedenen anderen Kämpfen zog Ulrich nach
Mürzzuschlag, dann über den Semmering und nach Gloggnitz,
wo es wieder ritterliche Arbeit gab. Dann begab er sich in seine
Herberge zurück und ließ dieselbe versperren. Heimlich nahm er zu
sich einen verschwiegenen Knecht, stahl sich von dannen und ritt
mit Freuden dahin, wo er seine „herzenliebe" Ehefrau fand ').
„Die Gute, sagt er, empstng ihn also wohl, wie von Rechtswegen
eine Frau ihren lieben Mann empfangen soll." Sie war so er
freuet ihn zu sehen, wie er sic, und seine Ankunft benahm sie
ihrer Traurigkeit. Mit Freuden blieb er bei ihr bis an den drit
ten Tag, dann hörte er etrte Messe und nahm von ihr Abschied.
Wir erfahren hier auf einmal, daß Ulrich trotz des ritter
lichen Liebesdienstes, der einer andern Dame gewidmet war,
und während desselben sich verheirathet hatte und daß er seine
Frau herzlich liebte, wie sic ihm ihrerseits zugethan war. Das
ist ein Verhältniß, welches, für uns auffällig, im socialen Leben
jener Zeit und jener Stände nicht ungewöhnlich war. In wel
chem Jahre die Heil ath stattgefunden hatte, wissen wir nicht;
seine Frau, Bertha mit Namen, war eine Tochter Alrams von
Weitzenstein und seiner Gemahlin Sophia 2). Zu dieser Zeit,
als Ulrich ihr den verstohlenen Besuch machte, muß sie sich in
der Nähe von Gloggnitz aufgehalten haben; wäre sie zu Liechten
stein gewesen, so hätte sie Ulrich von Judcnburg aus besucht.
>) Frauendienst 222.
2) Fröhlich, Dipl, sacra Styriae II. 333. V. d. Hagen Minne
singer IV. 347. Anm. 10; siehe auch unten.