146
abrathen zu müssen, da mit dieser Stelle die Residenz in Prag
und viel Aufwand verbunden sei, womit eine Anspielung auf
die zahlreichen Schulden des Cardinals gemeint sein sollte. Die
geheimen Räthe glaubten für die Protektorswürde vielmehr die
Candidatur des Cardinals Paravicino, der dem Kaiser große
Dienste geleistet hatte, unterstützen zu müssen. So vermochte
Dietrichstein seine Wünsche nicht durchzusetzen; er schob die Haupt
schuld Karl von Liechtenstein zu ').
Im klebrigen ist wenig bekannt, welche Stellung und Be
deutung Karl am Hofe Rudolfs einnahm, noch was sein persön
liches Verhältniß zu dem Kaiser betrifft. Sicherlich hatte auch
er unter den Seltsamkeiten des Kaisers zu leiden, unter seinem
Mißtrauen, seiner Menschenscheu und Abgeschlossenheit, wie es
denn auch gelegentlich heißt, daß zuweilen Monate vergingen,
während welcher er den Kaiser nicht zu sehen bekam 2 ). Den
noch kann sein Einfluß, seine Bedeutung bei Hofe nicht gering
gewesen sein. Im Liechtensteinischen Archiv in Butschowitz haben
sich zahlreiche Briefe an ihn aus dieser Zeit erhalten; sie alle
enthalten für ihn persönlich sehr wenig oder gar nichts Inter
essantes, aber sie zeigen doch, daß man sich von allen Seiten in
den verschiedensten, fast durchgängig privaten Angelegenheiten an
ihn wandte, in denen man von seiner Fürsprache bei dem Kaiser-
Erfolg erwartete. Die Briefe sind zum großen Theil von sämmt
lichen Erzherzogen jener Zeit geschrieben, von deutschen Kur
fürsten und manchen anderen bedeutenden Persönlichkeiten. Die
einen empfehlen Personen in ihren Angelegenheiten oder zur
Anstellung, wie z. B. der Kurfürst von Köln den General
Spinola und den Grafen Belgiojoso, nachherigen Commandiren-
den in Ungarn, empfiehlt, andere enthalten eigene Wünsche und
Begehren. Einer der interessantesten darunter (dntirt Graz,
18. Oetober 1601) ist von der Erzherzogin Maria, der Mutter
') C h l u m e 1; fl), a. a. O. 247 ff.
2 ) Eb., a. a. O. 307 Anm.