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noch mit ihm irgend in Conflict und Vermischung kam.
Beide Häuser gehen in localer Trennung neben einander her,
bis die Vereinigung von Oesterreich und Steiermark unter
demselben Herrscher die einen südwärts, die anderen nordwärts
brachte. Eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit, die tradi
tionell geworden ist, läßt sich also wenigstens geschichtlich nicht
nachweisen.
Daß beide Familien ungefähr gleichzeitig in der Geschichte
mit Namen erscheinen, ist nicht auffallend, da die erste Hälfte
des 12. Jahrhunderts oder höchstens der Ausgang des elften
überhaupt die Zeit ist, in welcher die Adelshäuser mit dem
bleibenden Familiennamen ihrer Stammsitze in die Geschichte
eintreten. Zu dieser Zeit war es auch, als die altgermani
schen, leicht umwallten oder umzäunten, aus verschiedenen
Einzelgebäuden bestehenden Adclshöfe sich in feste Berg- und
Wasserburgen verwandelten, und nun, weil solider und blei
bender, um so besser den Namen herleihen konnten, und wahr
scheinlich auch die Familien, anstatt des wechselnden Aufent
halts auf verschiedenen Höfen, zum festeren Wohnen an einem
und demselben Orte veranlaßten *).
Es ist daher selbstverständlich, wie auch allgemein be
kannt, daß die Familien in dem Range, in welchem sie zu
der genannten Zeit in die Geschichte eintreten, schon längst be
standen, wenn die Urkunden früherer Zeiten ihre Mitglieder
auch nur mit Vornamen erwähnen. Der österreichische wie
st Muchar (II. 129) zählt allerdings das steirische Liechtenstein bei
Judenburg zu jenen Burgen, deren Ursprung in die karolingische, wenn
nicht gar in die austrasisch-bajoarische Epoche hineinfallen soll. Dies wider
spricht aber der Geschichte des Burgenbaues, welche im Allgemeinen in
jenen frühen Zeiten nur Gränzburgen gegen den Landcsfeind kennt. Der
Bau der eigentlichen Ritterburgen beginnt aber erst am Ausgang des
elften oder gar im zwölften Jahrhundert, also zu eben jener Zeit, da die
Familiennamen aufkommen und überhaupt die Blüthezeit des Ritterthums
anfängt. Die ältesten erhaltenen Theile der österreichischen Burg Liechten
stein bei Mödling gehören' dem zwölften Jahrhundert an und dürften den
ersten geschichtlichen Nachrichten von diesem Hause ziemlich gleichzeitig sein.