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schriftlichen Chronik der Wiedertäufer, die von einem ihrer Geist
lichen verfaßt worden, also erzählt In der ersten Fastenwoche
1528 begann die Verfolgung in Oesterreich durch König Fer
dinand. Sein Profoß zog int Lande umher, nahm mehrere
Brüder gefangen, andere, die er auf der Straße oder im Felde
ergriffen, ließ er köpfen, die in den Dörfern, welche nicht ab
stehen wollten, an den Thürsäulen aufhängen. So flohen viele
aus Oesterreich nach Mähren, insbesondere nach Nikolsburg.
„Als der königliche Laudvogt die Flüchtigen auch in Mähren
verfolgte, und deßhalb viele aus bett (Nikolsburger) Dörfern in
die Wälder flohen, setzten sich die Besitzer von Nikolsburg Lin-
hart und Hans voit Liechtenstein für die Brüder zur Wehr,
wodurch es von weiterer Verfolgung in Mähren abkam. . . .
Als die Verfolgung in Oesterreich nachließ, schickten die Herren
voit Liechtenstein Boten in die Berge und an die heimlichen
Orte der Wälder, da die Frommen hiugcfloheu waren, unb
ließen ihnen sagen, daß jedermann wieder in sein Haus und
Herbcrg ziehen könne." Es kam aber darnach zu Nikolsburg
unter die Brüder selber Streit durch den Zuzug von Leuten
aus Bayern und Schwaben; gegen diese und ihren Anhang er
klärte sich der schon genannte Pfarrer zu Nikolsburg und rieth
den Seinen ab, irgend etwas mit Jenen zu schaffen zu haben;
auch bedeutete ihnen Linhart von Liechtenstein, da sie eine eigene
Gemeinde aufrichten wollten, daß sie seine Besitzungen räumen
sollten. Dies geschah denn auch; die einen verkauften ihre Habe,
und was die anderen zurückließen, lieferten ihnen nachher die
Herren von Liechtenstein aus. Gegen 200 Personen, die Kinder
nicht mitgerechnet, zogen im März 1528 aus und lagerten
zwischen Unter-Dannowitz und Muschau. Hier erschien, so heißt
es, Leonhard, dem es wohl nicht gleichgültig war, daß so viele
Leute seine Herrschaft verließen, noch einmal bei ihnen, und redete
') Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen 1850. 2. Bd. 1. Heft.
75 ff. (Die Wiedertäufer in Mähren von Gregor Wolny.)