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die Landherren und die Angesehensten der Städte zusammen
kamen, um womöglich der herrenlosen und an Landesunglück
reichen Zeit ein Ende zu machen. Alan lam einmüthig zu dem
Resultat, mit Abweisung der übrigen aufgestellten Bewerber sich
von dem Markgrafen Heinrich von Meißen einen seiner Söhne
zum Herzog zu erbitten und zu diesem Zweck eine Gesandtschaft
zu schicken, gebildet aus Heinrich von Liechtenstein, dem Schenk
von Habsbach, dem Abt der Schotten Philibert und dem Pröp
sten Dietmar von Klosterneuburg; beide letzteren vertraten die
Städte.
Diese Gesandtschaft begab sich auch, wie der Reimchronist
Ottokar in aller Ausführlichkeit erzählt, auf den Weg und ge
langte nach Prag, von wo sie sich einen Geleitsbrief des böh
mischen Königs geben lassen wollte. König Wenzel hatte nicht
sobald von ihrer Ankunft gehört, als er sie auf das Schloß zum
Gastmahl einladen ließ. Darnach nahm er sie bei Seite und
stellte ihnen vor, wie ganz- anders die Oesterreicher für ihr Land
sorgen würden, wenn sie statt des jungen, erst elf Jahre alten
Meißner Fürsten seinen, König Wenzels Sohn, den Markgrafen
Ottokar, der, damals zweiundzwanzigjährig, sich bereits durch
Tapferkeit und Klugheit bewährt hatte, zum Herzog erwählen
würden. Die Gesandten erbaten sich eine Weile Zeit zur Bespre
chung und sandten dann zum König zurück, ihn um sicheres
Geleit bittend, da sie ihren ersten Auftrag vollführen wollten.
Indessen der König ließ nicht ab, und setzte ihnen theils mit
Drohungen, da er sie nicht ziehen lassen wollte, theils mit Ueber-
redung, auch wohl mit guten Versprechungen so zu, daß sie sich
endlich seinem Willen bequemten. Anstatt nach Meißen zu gehen,
kehrten sie wieder nach Oesterreich zurück und suchten dort ihre
Standesgenossen und Landsleute für den jungen Markgrafen
von Mähren zu gewinnen. Insbesondere waren es Heinrich von
Liechtenstein und der Schenk von Habsbach, welche zu diesem
Zwecke im Lande hin und herreiseten. Ihr Vorhaben muß ihnen
auch in ausgiebigem Maße gelungen sein, denn, als nicht lange