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überhaupt jemals beide Familien eine und dieselbe waren,
schon einer Zeit angehören, welche unseren ersten urkundlichen
Nachrichten vorausgeht. Denn wenn wir diese aufrichtig und
ohne Voreingenommenheit befragen, so finden wir von Anfang
an zwei Wappen, zwei Stammburgen, zwei Fami
lien, deren Mitglieder neben einander hergehen.
Zwar was die Verschiedenheit der Wappen betrifft, so
läßt sich daraus für diese frühe Zeit, wo die Wappenzeichen
noch sehr wenig feststanden, wo es eher die Regel war, daß
eine Familie, die sich von der anderen trennte, mit dem neuen
Wohnsitz auch ein neues Wappen annahm, gar nichts, weder
für noch wieder, beweisen. Wir werden noch im 13. Jahr
hundert eben mit dem Bruder des besprochenen Heinrich eine
Seitenlinie kennen lernen, welche Namen und Wappen änderte.
Bedeutender in das Gewicht fällt das Bestehen zweier
Stammburgen neben einander, des steirischen Schlosses Liech
tenstein bei Judenburg im Thal der Mur und des österreichi
schen über der Brühl und Mödling bei Wien, beide heutiges
Tages in Ruinen liegend, beide gegenwärtig Eigenthum des
fürstlichen Hauses.
Wir können freilich ausdrücklich die österreichische Burg
Liechtenstein in Urkunden nicht so früh nachweisen als die An
gehörigen des Hauses, obwohl noch heute vorhandene Theile
der Ruine in das 12. Jahrhundert hinaufreichen. Dessen
ungeachtet können wir uns nicht mit der Ansicht Hormayr's
befreunden, daß diese Burg ursprünglich den Namen Enzers-
dorf geführt und erst 1291, als sie in den Besitz Otto's von
Liechtenstein gekommen, l ) den Namen Liechtenstein angenom
men habe. Er stützt diese Behauptung durch eine urkundliche
Nachricht (21. Mai 1291, Wien), wonach Otto von Herzog
Albrecht das ihm von Konrad und Sibotho von Arenstein
mit allen seinen Zugehörden aufgesandte Schloß Enzersdorf i)
i) H ormayr a. a. O. 42,