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Stellung mit 18,000 Mann aufgebrochen und erschien am
4. Oktober vor Berlin, wo die russischen Vortruppen unter
General Tottleben schon einige Tage früher eingetroffen waren.
„Lach ließ die Stadt, und zwar durch den Generalmajor Fürsten
Karl von Liechtenstein, zur Uebergabe auffordern. Auf die sehr-
große Ueberzahl, welche die österreichischen und russischen Streit-
kräfte über die in und um Berlin versammelten preußischen
Truppen besaßen, sowie auf die Gefahren machte er aufmerksam,
von denen die Stadt bedroht wäre, wenn sie in der Hitze des
Kampfes genommen würde. Darum möge die Garnison sich
kriegsgefangen ergeben und die Stadtthore durch österreichische
Truppen besetzen lassen. Würde das geschehen, dann sollte
auch der Stadt und den königlichen Palästen nicht der
geringste Nachtheil widerfahren, im Falle des Gegentheils
aber würde man sie den Soldaten preisgeben. Der Prinz
von Würtemberg (welcher in der Stadt commandirte) ant
wortete jedoch, daß so lange sich Berlin auf beiden Seiten durch
preußische Armeen gedeckt sehe, man an eine Capitulation nicht
denken könne >)."
Nichtsdestoweniger zogen sich die preußischen Truppen nach
einigen Tagen zurück und die Stadt capitulirte, zunächst den
Russen, während Lach auf der anderen Seite sich des Hallischen,
des Brandenburgischen und Potsdamer Thores bemächtigte
(9. October). Als das geschehen, wurde Fürst Karl mit der
Botschaft nach Wien abgesendet. Am 15. October Mittags
traf er ein und ritt nach alter Sitte mit zwölf blasenden
Trompetern und zwei Postmeistern als Courier in die Stadt
ein, um die Nachricht zu bringen, „daß die königlich preußische
Residenz Berlin von den kaiserlichen Truppen erobert worden
sei". Bei diesem Einzüge war es, daß er zum ersten Male seine
künftige Gemahlin erblickte ^).
0 Arneth, a. a. O. VI. 166.
2) Wolf, a. a. O. 17.