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mit dieser Auffassung nicht einverstanden; man glaubte den
König von Sardinien, wie die Dinge standen, durch sein eigenes
Interesse vollkommen und sicher an Oesterreich gebunden. Die
Kaiserin schrieb daher dem Fürsten in einem Handschreiben vom
29. Mai, daß sie seinen Argwohn gegen den König für zu weit
getrieben halte; dieser sei zu keiner Zeit sicherer gewesen, wenn
auch seine Thätigkeit eine eifrigere sein könne. „Absonderlich,"
schreibt sie weiter, „begreife nicht, daß von darumbcn, weil des
Feindes Position so mißlich ist, die Fürdauerung der Handlung
zwischen Sardinien und Frankreich zu vermuthen sei. Eine solche
Folgerung ist etwas gezwungen, wohingegen die natürliche Folge
rung darin besteht, daß man suchen müsse, sothanen nützlichen
Stand der Feinde sich möglichst zu nutze zu machen. Obwohl
kann er, wenn der Po und Trebia ihm gesperrt sind, in Pia-
cenza lange sich halten, noch allda die Subsistenz für seine zahl
reiche Cavallerie finden. Und ist allerdings zu vermuthen, daß
noch vor Eintreffen gegenwärtigen Handschreibens er seine Partei
ergriffen und allem Ansehen nach aus Piacenza wie aus Parma
zu entweichen gesucht haben dürfte. Daß er aber in dem Um
stande, wo er ist, Zeit zn gewinnen suchet, ist natürlich und
das Vernünftigste, was er thun kann Ich weiß und
erkenne gnädigst, daß Eurer Liebden Besorgniß lediglich aus Dero
großem rühmlichen und treuen Diensteifer entspringe. Just von
darumb aber habe Jhro in Gnaden nichts, was denke, ver
halten wollen, nicht um etwas p ahnden, sondern um Sie desto
mehr aufzumuntern und anzufrischen, mit Freuden und nicht
sorgsamen Gemüths das so glücklich wohl Angefangene weiter
fortzusetzen')."
Das Mißtrauen gegen Sardinien war wenigstens insofern
nicht unbegründet, als die Unthätigkeit desselben dem Feinde zu
statten kam. In Folge derselben konnten sich dreizehn feindliche
Bataillone mit 'der Armee vor Piacenza vereinigen und sie so
>) A. a. O.