86
es will zu dieser Abfindungssumme dem Hause Liechtenstein einen
Beitrag zahlen. Der Fürst Liechtenstein dagegen verspricht seiner
seits die Gräfin Kaunitz nicht nur wegen der Grafschaft Ritt
berg, sondern anch wegen ihrer Forderungen an Ostfriesland
für die Harlinger Herrschaften (d. i. Esens, Stetesdorf und Witt
mund) völlig abzufertigen nnd begibt sich aller Ansprüche für
sich und sein Haus an eben diese Herrschaften. Von der etwaigen
Abfindungssumme an die Gräfin Kaunitz zahlt Liechtenstein drei
Viertel, Ostsriesland ein Viertel. Beide Tractanten versprechen
sich noch gegenseitig, in dieser Angelegenheit alles einander freund
schaftlichst zu communiciren, besonders auch in den gütlichen Ver
handlungen mit der Gräfin Kaunitz.
Dieser Präliminarvertrag') wurde nach Unterschrift der
Bevollmächtigten auch (am 12. Mai) von den Fürsten Anton
Florian und Joseph unterschrieben und ratiftcirt. Das ange
strebte Ziel aber, nämlich eine gütliche Abfindung der Gräfin
Kaunitz, wurde nicht erreicht; die Gräfin wies die gemachten
Vorschläge zurück und bestand auf den Besitz. Da nun die
Thätigkeit der obenerwähnten Commission des Reichshofrathes
in dieser Angelegenheit beginnen sollte, so erneuerten Liechtenstein
nnd Ostfriesland, einerseits der Fürst Joseph von Liechtenstein,
andererseits der Fürst Georg Albrecht und der Prinz August
Enno von Ostfriesland, den Vertrag vom 8. April 1719 in
allen Punkten. Sie fügten nur diesmal in besonderen Artikeln,
die geheim gehalten werden sollten, die Summe hinzu, welche
sie der Gräfin für das Aufgeben aller ihrer Ansprüche zu zahlen
gedachten. Das letzte Angebot sollte 400,000 Gulden betragen;
sei die Gräfin damit nicht zufrieden, so wolle man wieder den
Weg des Rechtes betreten. Fürst Joseph hatte sich zu diesem
Vergleich die Vollmacht der Agnaten geben lassen, und unter
zeichnete ihn seinerseits zu Wien am 20. April 1723, die ost
friesischen Fürsten aber zu Aurich am 15. MM). Am 22. Juni 1722
st Liechtenst. Archiv L. 219.
2) L. 219.