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*) Frauendienst 300 ff.
waren Roß und Waffen des Domvogts; die Pferdedecke war
von rothem Zcndel und mit Ulrichs Wappen bestreut, und so
auch die der anderen Herren, welche sich bereit erklärt hatten,
Ulrichs Schild bei dieser Gelegenheit zu führen. Vor Neuburg
ritten die Kuenringer dem Zuge der Wiener entgegen, dann
nahm ein jeder seine Herberge im Ort, und des Nachts gab
cs noch viel Leben und Lichterglanz, denn man besuchte sich
gegenseitig mit Lichtern in der Stadt, schloß Freundschaften
und war lustig und guter Dinge.
Nur bei Ulrich sollte Herzeleid der Freude folgen. Als
man am Morgen die Messe gehört, wurden die zweihundert-
fünfzig Ritter, die anwesend waren, getheilt und von den
Herolden zu den Waffen ins Feld gerufen. Während Ulrich
aber sich rüstete, kam zu ihm sein Bote mit gesenktem Haupt,
mit Seufzern und Klagen. Seine Herrin, sagte er, entbiete
ihm ihren Haß, weil er ihr untreu geworden und einer andern
Frau diene, und verlange ihren Ring von ihr zurück. Dar
über wurde Ulrich vom Jammer ergriffen, daß er weinte, wie
ein Kind, und selbst der Domvogt, der hereintrat und den
Diener hinausschickte, weinte mit. Da kam Ulrichs Schwager,
Heinrich von Wasserberg, und wunderte sich nicht wenig, als
er die beiden tapfern Ritter so weinen und klagen sah. Ulrich
wollte ihm die Ursache nicht entdecken, Heinrich aber errieth sie
oder wußte sie schon und sagte sie seinem Schwager. Darüber
brach diesem plötzlich in der Kraft des Schmerzes das Blut
aus Mund und Nase. Ergriffen von dieser Stärke der Liebe,
fiel Heinrich aus die Knie und dankte Gott, daß er ihm solche
Liebe und Treue habe erleben lassen, Ulrich aber tröstete er,
indem er sagte, die Herrin wolle ihn nur versuchen und seine
Treue auf die Probe stellen; er möge darum wohlgemuth sein
und ausharren. Ulrich ließ sich allgemach besänftigen und sich
noch willenlos die Waffen zum Turniere anlegen *).