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dem lieblichen Gesichtchen fest, und die Verwunderung
wurde größer und größer. Tiefausatmend, daß die
breite Brust sich stürmisch dehnte, sagte er endlich:
„Gretli, ich glaube, du hast dich ganz und gar ver
ändert, bist über Nacht zur Jungfrau geworden."
Verlegen wand sich Gretli los; eine tiefe Glut
war ihr zu Gesicht gestiegen; das Aopftuch wurde ihr
zu warm; sie nestelte mit bebenden Singern daran
und suchte sich den: forschend auf sie gerichteten Blick
des Burschen zu entziehen. Dann lachte sie plötzlich
laut auf.
„Du, Aloys, ich ineine, ich habe das schwere Res
jetzt lange genug auf dem Rücken, und Hunger habe
ich auch mächtig viel."
Da lachte auch der Aloys, wenn auch verlegen und
zaghaft. In der kurzen Zeit des Beisammenseins, die
nun folgte, inußte er das Mädchen innner wieder
heimlich beobachten. In Gretli hatte er bisher nur
ein Aind, fein Schwesterlein, gesehen; er liebte dieses
in seiner stillen, zurückhaltenden Art. Besondere Be
trachtungen hatte er niemals darüber angestellt. Nun
sah er aus einmal, daß aus dem Rinde eine liebliche
Jungfrau geworden war; es war plötzlich etwas
Scheues in ihrem Wesen; sie wich dem bewundernd
auf ihr ruhenden Blicke des Burschen immer aus. Der
Hütebub erzählte allerlei Lustiges und wollte die beiden
stillen Menschenkinder zum Lachen bringen; vergebens